Sparförderung überflüssig?

Die Deutschen sparen wieder mehr. Doch der Umgang mit Geld ist ein kaum verstandener Aspekt menschlichen Handelns, resümiert man beim Institut für Altersvorsorge. Bei der geförderten staatlichen Rente ließen sich Mittel womöglich sparen

„Wir bauen Brücken, ohne dieGesetze der Statikzu verstehen“

Die Bundesbürger legen wieder Geld auf die hohe Kante: Nach den letzten vorliegenden Zahlen des Statistischen Bundesamtes betrug die Sparquote, also der Anteil des Ersparten am verfügbaren Einkommen, im vergangenen Jahr schätzungsweise 10,2 Prozent. Die Summe erhöhte sich im Vergleich zu 2001 um drei Milliarden auf rund 141 Milliarden Euro. Tiefstand waren die Jahre 1999 und 2000 (je 9,8 Prozent). Am höchsten waren die Quoten des vergangenen Jahrzehnts mit 13 Prozent in den Jahren 1991 und 1992. Dahinter vermuten Experten zwei Ursachen: Zum einen werde angesichts derzeit wirtschaftlicher Schwäche weniger konsumiert. Zum anderen trägt vor allem die private Altersvorsorge zum Spareifer bei.

Nach Angaben des Verbandes der Privaten Bausparkassen nannten 60 Prozent der Deutschen auf die Frage, wofür sie derzeit Geld zurücklegten, die Altersvorsorge. Allerdings fand das von den Bausparkassen beauftragte Emnid-Institut heraus, dass offenbar ein Großteil bereits künftigen Konsum vor Augen hat. Immerhin rangierte das Sparziel „größere Anschaffungen“ gleich an zweiter Stelle, gefolgt vom Erwerb oder Renovierung von Wohneigentum. Die Investition in Produkte zur Kapitalanlage habe im Vergleich zu 2001 zwar etwas zugenommen, im Jahresverlauf werde aber deutlich, dass die Kapitalanlage „tendenziell an Bedeutung verloren“ habe. Der Anteil sank von Frühjahr bis Herbst um 4 Prozentpunkte auf 44 Prozent. Der Notgroschen übrigens gewann im vergangenen Jahr einen Prozentpunkt: Letztlich sparen aber nur 4 Prozent der Befragten für die eiserne Reserve.

Auffällig ist dabei – jedoch nicht wirklich verwunderlich –, dass die Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen vorwiegend Geld zurücklegt, um sich in naher Zukunft einen Wunsch zu erfüllen: Für mehr als 75 Prozent dient hier das Sparen dem Konsum, wohingegen weniger als die Hälfte derjenigen über 60 Jahre dies als Sparziel nannten.

Gleichviel: „Das Sparverhalten der Haushalte ist ein noch wenig verstandener Aspekt menschlichen Handelns“, resümiert man beim Deutschen Institut für Altersvorsorge. Kaum glaube ein Wissenschaftler, eine sozial- oder wirtschaftswissenschaftliche Theorie des Sparens gefunden zu haben, fänden sich Haushalte, deren Sparverhalten dieser Theorie widersprächen. „Das ist ein schweres Manko für die Wirtschaftspolitik.“ Insofern wisse man nicht, inwieweit Sparen gefördert werden müsse – oder ob die Sparförderung im Gegenteil nur Mitnahmeeffekte der Mittelschicht erzeuge. Zudem gebe es überhaupt keine zuverlässigen empirischen Grundlagen, auf deren Basis man beurteilen könne, ob nun die „Riester-Rente neue Ersparnisse schafft oder lediglich alte Ersparnisse verdrängt“, also beispielsweise die Anlage in Lebensversicherungen in gleichem Maße erhöht, wie es das Vermögen in anderen Formen senkt. Dieses Unwissen vergleicht das Institut mit dem Bau von Brücken, „ohne die fundamentalen Gesetze der Statik zu verstehen“.

Um diesem Manko abzuhelfen initiierte man vor zwei Jahren gemeinsam mit anderen Einrichtungen eine Studie mit dem Ziel, das „Sparverhalten der Deutschen besser zu verstehen“. Die Ergebnisse der Save genannten Untersuchung wurden vor Jahresfrist veröffentlicht.

Zunächst fanden die erstaunten Wissenschaftler heraus, dass die Deutschen „im Widerspruch zu einem verbreiteten Vorurteil“ durchaus bereit seien, „über Ersparnisbildung und Vermögen Auskunft zu geben“. Demnach halten sich sogar zwei Drittel aller Haushalte für „sparfähig in dem Sinne, dass genug Geld zum Sparen übrig bleibt“. Die mittlere Sparquote liege der Save-Stichprobe zufolge bei 14,8 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens, nur 50 Prozent sparten weniger als 12 Prozent. Unterschiede im Sparverhalten fand man vor allem in den verschiedenen Altersstrukturen: So erreiche die Sparquote nach einem zunächst steilen Anstieg ein Maximum in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen, um anschließend „wieder sehr allmählich“ abzufallen. Doch bliebe die Quote immer positiv, das heißt, auch ältere Haushalte „entsparen“ nicht, lösen Ersparnissse also nicht auf.

Als ein wesentliches Fazit der Studie kamen „Zweifel am Sinn vieler Fördermodelle“ auf – auch an der staatlichen Förderrente. Offensichtlich sei der primäre Grund zur Bildung von Ersparnissen beispielsweise für das Alter wichtiger als der sekundäre Aspekt einer Förderung, so dass „Mitnahmeeffekte wahrscheinlich sind und Steuermittel gespart werden könnten“. A. LOHSE

Studie „Sparen in Deutschland“, 10 €, Deutsches Institut für Altersvorsorge, Hohenstaufenring 29–37, 50674 Köln, Tel. (02 21) 9 23 94-0,www.dia-vorsorge.de