buchtipp: Afrika-Roman
Nur Klischee?
Auf literarisch ausgefahrenen Pisten durchquert Andreas Kirchgäßner im Wohnmobil die fremde Welt Ghanas. Den Freiburger Autor kostete das Nerven, bescherte ihm aber auch eine andauernden Passion für den Schwarzen Kontinent und eine Reihe guter Reisereportagen, die auch in der taz erschienen. Die Afrika-Begeisterung des 42-jährigen Weltenbummlers hat nun in einen Roman gemündet: eine mal krude, mal packende Melange aus authentischen Reiseeindrücken und altbewährten Mustern des Abenteuergenres. „Zeitverlust“ – der Titel hält durch Rasanz und Dichte der Erzählung auch für den Leser, was er verspricht, jedenfalls über die ersten fünfzig Seiten.
Doch leider: Je mehr sich das Herz der Finsternis öffnet, um so diffuser der Roman. Am Ende bleibt dem von seiner Frau verlassenen Erzähler nur die nahe liegende Erkenntnis, dass der fremde Kontinent „nicht mit Vorsätzen, sondern nur mit offenen Augen betreten werden darf. Und dass für die Liebe wahrscheinlich dasselbe gilt.“ Wann immer, meist in atemlosem Tempo, der afrikanische Alltag geschildert wird – das Gedränge eines ghanaischen Basars, die haarsträubenden Zustände im Hospital und auf den halb verfallenen Ämtern –, ist Andreas Kirchgäßner auf der Höhe seiner Ethnoreportagen. Als Konstrukteur eines Abenteuerromans verirrt er sich dagegen allzu leicht in genreeigenen Klischees und an einen allzu fantastischen Plot. Spürbar ist der Bruch zwischen Erlebnis und Fiktion, zu gesucht der verwickelte Handlungsfaden. Womöglich liegt es im Wesen Afrikas, jener „dunkel lockenden Welt“, dass Leser, Held und Autor im Dschungel der Bilder gleichermaßen die Orientierung verlieren. Aber auch das ist wiederum nur nur Klischee. STEFAN TOLKSDORF
Andreas Kirchgäßner: „Zeitverlust“. demand-Verlag, 2002, 183 S., 20 €
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