Wenn der Ball mehrmals klingelt

Torball ist eine Mannschaftssportart für Blinde, die an Handball und Fußball erinnert – und in der Bayern-Torwart Kahn brillieren würde. Ein Berliner Team will deutscher Meister werden. Wenn da nur die schwachen Würfe nicht wären

Es ist mucksmäuschenstill in der Sporthalle der Blindenschule Steglitz. Im Torballspiel zwischen dem Berliner Blindensportverein (BBSV) und Langenhagen steht es noch 0:0. Der Berliner Lars Bosselmann schleudert den Klingelball auf das gegnerische Tor. Bei jedem Aufprall klirren die Schellen im Ballinneren. Von ihrem Gehör geleitet rutschen die Langenhagener Spieler auf den Knien Richtung Ball, lassen sich zur Seite fallen und strecken Arme und Beine von sich. Der Ball landet im Abwehrriegel. Es bleibt beim 0:0.

Zwei Mannschaften zu je drei sehbehinderten oder blinden Spielern, eine Volleyballfeld-große Hallenfläche mit sieben Meter breiten Toren an den Enden und zwei über die Mitte des Feldes gespannte Leinen, die der Ball beim Wurf unterqueren muss – nicht mehr und nicht weniger braucht man für Torball. Der unter Blinden beliebte Sport – in Deutschland gibt es etwa 400 aktive Torballer – wird oft als Mischung aus Handball und Fußball beschrieben. „Der Vergleich passt nicht ganz“, sagt Spieler Bosselmann.

Zwar wird der Ball wie beim Handball geworfen. Zwar machen sich die Spieler lang wie Oliver Kahn, um einen Treffer zu verhindern. Doch Torball ist mehr: Es gibt spezielle Wurftechniken. Zum Beispiel den Sprungball. Der Ball wird zuerst flach geworfen, prallt aber vor der gegnerischen Verteidigung vom Boden hoch. Da sind die durchgezogenen Würfe, bei denen der Ball den Boden nicht berührt. Und statt Elfmeter gibt es den Strafwurf. Er wird vom Schiedsrichter verhängt, wenn ein Spieler den Ball zu hoch wirft. Die Spieler benötigen vor allem ein feines Gehör. Und um den Hörsinn gut einsetzen zu können, muss es in der Halle absolut ruhig sein. So kommt es, dass der Schiedsrichter öfter um Ruhe bitten muss, wenn die sehenden Torballfans den blinden eine spektakuläre Szene schildern.

Solche Szenen gab es in der Partie der Berliner gegen Langenhagen am vergangenen Samstagvormittag häufig. Den besseren Start erwischte Berlin. Nach der 1:0-Führung wehrten sie sogar einen Strafwurf ab. Dann aber nahm der Langenhagener Michael Meyer das Heft in die Hand. Erst vereitelte der 21-jährige Nationalspieler eine Großchance, dann versenkte er im Gegenzug den Ball im Berliner Tor. Ein erfolgreicher Strafwurf und die Meyer-Treffer drei und vier vernichteten die Hoffnungen des BBSV. Mit 5:2 behielt Langenhagen die Oberhand.

Nicht ohne Grund hatte der BBSV zum Spiel geladen. Die Partie fand ihm Rahmen eines Vorbereitungsturniers zur Deutschen Meisterschaft statt. Sie wird am 15. März in der Reinickendorfer Bettina-von-Arnim-Schule ausgetragen. Bosselmann schätzt die Chancen seiner Mannschaft realistisch ein: „Wir wollen versuchen, die Großen ein wenig zu ärgern.“ Michael Meyer, bei der DM 2002 mit 24 Treffern Torschützenkönig, weiß, woran es bei den Berlinern hapert: „Die haben einfach keinen richtig guten Werfer.“ Wie seine Mannschaft abschneiden wird? „Es wäre ein Erfolg, wenn wir den 5. Platz vom vergangenen Jahr wieder holen könnten.“

MARTIN GROPP