berliner szenen creative industries

Mantelkleidlackei

Warum, zum Teufel, ging es amSamstag unter den Linden zu wie in Schanghai am Bund? Wegen der Spots, die jeden Baum von unten in grün-blaues Licht tauchen – so wie in Schanghai die Hochstraßen inszeniert werden? Jedenfalls gibt es auch in Berlin genug Leute, damit sie einen so breiten Boulevard restlos verstopfen. Und genug Leute, dass auch in der neu eröffneten Galerie Sprüth/Magers kein Durchkommen war und das Radialsystem V vor Leben nur so brummte.

Apropos Radialsystem: Interessant, bei was das Goethe-Institut alles so drin oder auch dahintersteckt. Zum Beispiel Mode. Wäre man nicht unbedingt drauf gekommen. Tatsächlich hat es, gemeinsam mit dem Dachverband der europäischen Kulturinstitute und dem Sponsor Quelle, „createurope“ kreiert, den „Fashion Academy Award“, der am Samstagabend prämiert wurde. Mit der Jury-Entscheidung war ich natürlich überhaupt nicht einverstanden – bis auf den Preis für Elsien Gringhuis aus den Niederlanden. Ihr orangefarbenes Mantel-Kleid-Lack-Ei war einfach hinreißend. Aber avantgardistisch? Andererseits, kann ich etwas gegen das Juryurteil von Margareta van den Bosch einwenden, die als Chefdesignerin H & M groß gemacht hat und – mit ihren Kollegen – Gringhuis mit dem Avantgard-Preis bedachte? Kann ich nicht. Da lobe ich doch lieber die wunderbar ausbalancierte Mischung aus Arbeitsatmosphäre und Feierlaune im Radialsystem, weil die Modeszene Schickimicki-Getue nicht nötig hat. Und lobe die blaublitzenden Flummibälle, mit denen die Deutsche Bahn die Veranstaltung irrlichternd unterwanderte. Die lobt auch mein Hund Paul, dem ich einen mitbrachte. Woraus folgt, dass createurope der gelungenste Event seit Langem war. BRIGITTE WERNEBURG