Aufgeschoben, aber nicht aufgehoben

Eigentlich wollte das Abgeordnetenhaus heute über das Fusionsgesetz zur Unimedizin beraten. Doch noch liegt kein Referentenentwurf vor. Erste Ideen sind aber bekannt. Den Akteuren geht es vor allem um die einflussreichen Posten

Er kenne ja Berlin, sagte im vorigen Oktober Bert Flemming, wissenschaftspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten im Abgeordnetenhaus. Wenn man mit einer Idee komme, bildeten sich Lobbygruppen, und dann gehe auf einmal gar nichts mehr. Derzeit scheint es, als sollte Flemming Recht behalten. Das Vorschaltgesetz zur Fusion der hochschulmedizinischen Einrichtungen von HU und FU, dessen In-Kraft-Treten einmal für den 1. Januar terminiert war, lässt weiter auf sich warten. Eigentlich sollte es heute im Abgeordnetenhaus eingebracht werden. Nun ist das Procedere auf März verschoben. „Wir wollen unseren Entwurf noch einmal mit den Betroffenen durchgehen“, sagte Flemming gestern zur Begründung.

In dem Vorschaltgesetz wird festgelegt, wie die Fusion verlaufen soll und wie die Gremien der neuen „Berliner Hochschulmedizin“ zu gestalten sind. Diskutiert wurden bisher unter anderem drei Fragen. Erstens: Wer sitzt im Vorstand? Zweitens: Wie soll der Aufsichtsrat beschaffen sein? Drittens: Nach welchem Modell sollen Forschung und Krankenpflege fusionieren?

Ein der taz vorliegender Arbeitsentwurf des Gesetzes sieht vor, Forschung und Lehre sowie die Klinik einem gemeinsamen Vorstand und Aufsichtsrat zu unterstellen. Damit weicht das Papier der rot-roten Koalition von der Position der Expertenkommission ab, die letzten Oktober jeweils einen Vorstand für Klinikum und Forschung vorgeschlagen hatte. „Ich sehe die zentralen Anliegen der Expertenkommission trotzdem umgesetzt“, sagte der Vorsitzende der Kommission, Winfried Benz, gestern. Auch beim Dekan der Medizinischen Fakultät an der Charité findet dieses Modell Zustimmung. „Die Verantwortlichkeiten für Forschung und Klinikum sollten auf der oberen Verwaltungsebene zusammengeführt werden“, meinte Joachim Dudenhausen.

Meinungsverschiedenheiten gibt es an der Charité darüber, ob die Krankenpflegedirektorin im Vorstand stimmberechtigt sein soll. Dekan Dudenhausen hält das nicht für nötig. Anders die Pflegedirektorin der Charité, Ramona Schumacher: „Ich fordere, dass die Krankenpflege mit einer Direktorin in dem Entscheidungsgremium vertreten ist und dort auch ein Stimmrecht hat.“ Schließlich vertrete diese im vereinigten Klinikum rund 4.500 Mitarbeiter. In dem Arbeitspapier der Koalition ist für den Pflegedirektor nur eine beratende Stimme vorgesehen.

Laut dem Entwurf sollen die beiden Unipräsidenten im neuen Aufsichtsrat das Schicksal der Krankenpflegedirektorin teilen. Für die höchsten Vertreter von HU und FU ist dort nur eine beratende Mitwirkung vorgesehen. Der FU-Präsident Peter Gaethgens sagte dazu während eines Hearings am Dienstagabend im Abgeordnetenhaus: „Die Präsidenten sollten eine Stimme im Aufsichtsrat haben.“ Alles andere sei undenkbar.

Undenkbar war für viele Mitarbeiter des Universitätsklinikums Benjamin Franklin bisher, unter dem Label „Charité“ weiterzuarbeiten. Im Moment stehen die Zeichen für sie schlecht. In dem Papier haben sich die Autoren auf den Namen „Universitätsklinikum Charité – Berliner Hochschulmedizin“ geeinigt. Manfred Erhardt, früher Wissenschaftssenator unter Diepgen, hält diese Entscheidung für richtig. Man müsse die fusionierten Uniklinika mit einem „weltbekannten Namen“ ausstatten, sagte er bei dem Hearing am Dienstag. Benjamin Franklin sei kein historisch gewachsener Name. Für ihn habe man sich 1994 – kurz vor Verabschiedung der amerikanischen Truppen aus Berlin – entschieden, um mit einem amerikanischen Namen eine schon damals diskutierte Schließung zu tabuisieren, so Erhardt. Doch jetzt seien die Truppen ja weg. MATTHIAS BRAUN