Industrie will weitere Strom-Ausnahmen

Energieintensive Unternehmen leiden unter dem Erfolg der erneuerbaren Energien. SPDler droht mit Steuer

BERLIN taz ■ 630 Mitarbeiter, 250 Millionen Euro Jahresumsatz – die Trimet AG aus Essen ist eine der größten Aluminiumfirmen der Bundesrepublik. Noch. Denn ausgerechnet wegen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) plagen den Konzern wirtschaftliche Sorgen. Aluminiumproduktion ist eine energieintensive Sache. „Das EEG verursacht bei uns pro Arbeitsplatz eine zusätzliche Belastung von 17.000 Euro“, hat Vorstandsmitglied Kurt Ehrke errechnet. Und die Belastung steigt: Je mehr Windräder aufgestellt werden, umso mehr muss Trimet zahlen. Denn das EEG ist eine Umlagefinanzierung. Bedeutet: Verdoppelt sich der Anteil geförderten Stromes, verdoppelt sich auch die Summe, die Trimet zahlen muss.

Industrieverbände versuchen derzeit deshalb, energieintensiven Unternehmen im EEG eine Sonderstellung zu erstreiten. „Wir brauchen dringend eine Härtefall-Regelung, um bestimmte Branchen weiter international wettbewerbsfähig zu halten“, fordert etwa Roland Schmied, Sprecher des Verbandes Industrielle Energie und Kraftwirtschaft. In Berlin treffen sich heute die Regierungsfraktionen mit Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, um über Sonderregeln zu beraten. Clement: „Ich nehme die Sorgen der stromintensiven Industrie sehr ernst. Hier besteht wirklich Handlungsbedarf.“

Mitnichten, argumentiert der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE). „Das Gesetz zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) hat solche Härtefall-Regeln. Schlupflöcher, die wunderbar illustrieren, wozu das führt“, sagt BEE-Präsident Johannes Lackmann. So hätten Firmen ihre Energieversorgung ausgegründet. „Die so entstandene Tochter ist dann natürlich energieintensiv, weil sie sich ja nur mit Strom und Wärme befasst“, so Lackmann. Die Folge: Das ursprünglich nicht energieintensive Unternehmen wurde von den KWK-Zahlungen befreit, das Gesetz unterlaufen. „Der Erfolg des EEG basiert darauf, dass es keine solchen Regeln gibt.“

Das sieht der SPD-Energiepolitiker und Bundesvorständler Hermann Scheer genauso. „Bevor die Industrie mit uns über Härtefallklauseln reden möchte, muss sie erst mal seriöse Zahlen vorlegen“, so Scheer gestern. Alles, was ihm bisher zur Begründung einer solchen Regel vorgelegt wurde, sei „infam“. So rechne die Industrie immer wieder vor, dass ihre Belastung durch das Gesetz zum KWK-Ausbau drastisch gestiegen sei. In Wirklichkeit erhalten die KWK-Bertreiber heute aber weniger Geld als vor Einführung des Gesetzes. „Der Industrie muss klar sein, dass es ein Verursacher-Prinzip gibt“, so Scheer. Konventionelle Stromproduktion zieht Umweltfolgekosten nach sich. „Entweder die Industrie wird dem Verursacherprinzip mit dem EEG gerecht, oder wir müssen sie durch eine Energiesteuer in Haftung nehmen.“ NICK REIMER