hamburg heute
: „Hass und Hassliebe“

Von der Suche nach dem Nazi-Vater: Ute Scheub liest aus „Das falsche Leben“

taz: Ute Scheub, Ihr Buch setzt sich mit der Nazi-Vergangenheit Ihres Vaters auseinander. Was motiviert Sie, zwei Jahre nach Veröffentlichung, noch immer auf Lesereise zu gehen?

Ute Scheub: Es ist ein persönliches Anliegen, sozusagen psycho-sozialer Natur. Ich möchte, dass die Leute anfangen, über ihre eigene Familie nachzudenken. „Sie haben nicht nur Ihren, sondern auch meinen Vater beschrieben“, darf ich sehr häufig bei meinen Lesungen hören.

Worum geht es im Gespräch mit dem Publikum?

Es zeigt sich, dass viele Familien ähnliche Probleme haben wie die meine. Das Thema Gewalt ist leider in vielen Täter-Familien in der ein oder anderen Form präsent: von Depressionen über körperliche Gewalt bis hin zu Hass und Hassliebe. Ich bin stets frappiert zu hören, wie sehr Gefühlserbschaften in deutschen Familien noch wahrnehmbar sind.

„Gefühlserbschaften“?

Offenbar zeigt sich die verdrängte Schuld der NS-Täter innerhalb ihrer Familien in analogen Strukturen. Die psychologische Ergründung des Zusammenhangs von Schuld und Gewalt in der Aufarbeitung deutscher Geschichte scheint stark vernachlässigt.

Wie begegnen Sie diesem Problem?

Im Diskurs. Viele Besucher haben mich im Anschluss aber auch um Tipps zur Recherche ihrer eigenen Geschichte gebeten. Das freut mich natürlich um so mehr. INTERVIEW: NAVO

20 Uhr, Literaturhaus Hamburg, Schwanenwik 38

Fotohinweis:UTE SCHEUB, 53, Journalistin und Autorin