Dienste unter dem Hammer

Vorschläge der EU zur Liberalisierung fast aller Dienstleistungen liegen vor. Liste für die Welthandelsrunde kürzer als befürchtet. Entsendung von Arbeitskräften künftig erleichtert

BERLIN taz ■ Die Europäische Union wird in der Welthandelsrunde weniger Dienstleistungen zur Liberalisierung anbieten, als dies von Nichtregierungsorganisationen bisher angenommen wird. Das geht aus dem Entwurf der Kommission vor, der der taz vorliegt. So wird der umstrittene Sektor Wasserversorgung in dem hundertseitigen Entwurf nicht erwähnt. Liberalisierungsangebote, die über die Vorschläge der ersten Verhandlungsrunde 1995 hinausgehen, macht die EU bei den Post- und Kurierdiensten sowie im Verkehr. Im Postbereich soll der EU-Standard auf WTO-Ebene gelten. Im Verkehrsbereich bietet die EU an, den Flughafenbetrieb und die Bodenabfertigung zu liberalisieren.

Die Entsendung von Arbeitskräften soll im Rahmen von Tochterniederlassungen ausländischer Firmen auf drei Jahre statt wie bisher auf ein Jahr befristet möglich sein. Angestellte von Unternehmen ohne Niederlassungen können „zum Zwecke der Erbringung einer Dienstleistung“ auf sechs Monate (bisher drei) entsandt werden.

EU-Handelskommissar Pascal Lamy sagte gestern bei einem Gespräch mit dem Deutschen Kulturrat in Berlin, die EU plane im Kulturbereich keine Änderungen wie etwa die internationale Ausschreibung von Opernhäusern. Werner Raza, Gats-Experte der österreichischen Arbeiterkammer, meinte, der Entwurf bleibe hinter den Erwartungen zurück. Die EU reagiere damit offenbar auf die öffentliche Kritik. Eine Mitarbeiterin der Gewerkschaft Ver.di sagte hingegen, sie könne sich vorstellen, dass dahinter Kalkül stecke: Im September soll in Cancun das nächste Welthandelstreffen stattfinden. Dort könnte die EU an die Entwicklungsländer weitere Zugeständnisse im Bereich der Dienstleistungen machen, um einen stärkeren Abbau der Agrarsubventionen zu umgehen.

KATHARINA KOUFEN

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