Blaue Schwalben und frohe Hühner

Eine (blaue) Schwalbe macht noch kein Öko-Hotel, denn das Umwelt-Label wird zwar gegen Geld, aber ohne Kontrolle vergeben. Der Münchner Markenerfinder setzt auf die Selbstauskunft der zertifizierten Gasthausbetreiber

von ELKE RICHEL

Dietmar Dix hat keinen Vogel und will auch keinen haben. Der „Ökotel“-Betreiber aus Hamburg-Schnelsen pfeift auf das Label „Blaue Schwalbe“, das besonders umweltfreundliche Tourismusbetriebe auszeichnen soll. Trotzdem führt er den Familienbetrieb seit 1997 streng nach ökologischen Kriterien.

„Unsere Gäste schlafen in Baumwolle aus ökologischem Anbau, essen Eier von frohen Hühnern und spülen auf der Toilette mit Regenwasser“, fasst der ehemalige Physiker die Philosophie des Hauses knapp zusammen. In dem Niedrigenergiehaus mit 23 Betten scheint nichts dem ökologischen Zufall überlassen. An der Rezeption können die Gäste sogar einen biologischen Toilettenreiniger kaufen und damit noch zu Hause das grüne Gewissen beruhigen.

Regenwasser fürs Klo

Natürlich weiß auch Dietmar Dix, dass die blaue Metallschwalbe ein toller Werbeeffekt wäre. Aber „dieses Label muss man kaufen und das Geld stecke ich lieber ins Haus“, sagt er und fügt hinzu: „Außerdem legen wir unsere eigene Messlatte höher, als es der Kriterienkatalog vorsieht.“ Wobei das ohnehin so schnell niemand feststellen würde, denn Kontrollen in den Häusern sähe der Markenerfinder nicht vor.

„Das stimmt“, bestätigt „Schwalbenträgerin“ Barbara Kenner, die mit Ehemann Kenny die Öko-Pension „Landlust“ im Wendland betreibt. Allerdings hält sie von einem starren Kontrollsystem wenig, da der Aufwand für die Betreiber unverhältnismäßig hoch sei. Trotzdem muss sie einräumen, dass es auch „schwarze Schafe“ geben könnte, die den blauen Vogel ohne ökologische Gegenleistung an die Hauswand hängen.

Diesen Schuh müssen sich die Kenners nicht anziehen. Die Pension beim Staatsforst Göhrde wird seit mehr als zwei Jahren konsequent ökologisch betrieben. Besonderen Wert legt die Familie auf ein Angebot von Vollwertprodukten aus Biohöfen der Region. „Nur der frische Rhabarber kommt jedes Jahr aus dem Garten meiner Freundin“, lacht Barbara Kenner und bedauert, nicht mehr so viel Zeit für ihre eigenen Kräuterbeete zu haben.

Biokost aus der Region

Ein Engagement, das auch ein anderes Zertifikat bescheinigt: Die Viabono GmbH garantiert, dass alle Partnerunternehmen den strengen ökologischen Auflagen entsprechen. „Dafür mussten wir einen umfassenden Fragenkatalog ausfüllen und Strom- und Wasserrechnungen beifügen. Allein die Befragung hat mehr als drei Stunden gedauert“, stöhnt die Wendländerin, ist aber überzeugt davon, dass sich der Aufwand gelohnt habe. Die Plausibilitätsprüfung der Angaben sei ein gutes Kriterium, und die Gäste könnten sicher sein, dass ihre Unterkunft umweltbewusst bewirtschaftet werde. Selbst wenn Vor-Ort-Besichtigungen auch bei Viabono nicht zum Konzept gehören.

Erfinder der Umweltmarke „Blaue Schwalbe“ ist der Münchner Verlag „Verträglich reisen“. Der umwirbt Hotelbetriebe mit dem Angebot, gegen ein kostenpflichtiges Inserat im gleichnamigen Magazin das Metallschild zu erhalten. Dass dafür kein aufwendiges Öko-Audit notwendig ist, bestätigt auch Mitarbeiterin Nikola Cilio: „Wir bauen auf die Selbstauskunft der Betriebe. Und unzufriedene Gäste können sich ja bei uns melden.“

Ökotel, Holsteiner Chaussee 347, 22457 Hamburg, Fon: 040/55 97 30-0, Fax: -55 97 30-99 Kenners Landlust, Dübbekold 1, 29473 Göhrde, Fon: 058 55/97 93 00, Fax: -97 93 02