„Bereit zu Reformen“

General Alexander Mchedlischwili vermisst eine demokratische Struktur der Zivilgesellschaft. Militär sei reformfreudiger als Politik

taz: Der ehemalige Präsident Eduard Schewardnadse hatte 2005 als Beitrittstermin Georgiens zur Nato anvisiert. Wann ist es wirklich so weit?

Alexander Mchedlischwili: Wir genügen den Voraussetzungen der Allianz noch nicht. Zwar haben wir eine erfolgreiche Armeereform durchgeführt, doch die Entwicklung demokratischer Strukturen hinkt hinterher. Davon macht die Allianz die Aufnahme aber abhängig. Ich wäre froh, wenn wir es in einigen Jahren zum Einstiegskandidaten schaffen sollten.

Georgien schickt im Sommer bereits ein eigenes Kontingent in den Irak …

Die Vorbereitungen zur Entsendung von 500 Mann laufen und wir wollen auch das 2002 aufgenommene US-Trainingsprogramm unserer Armee (GTEP) weiterführen. Die Militärs sind empfänglicher für Reformen als Politik und Öffentlichkeit. Ginge es nach ihnen, hätten wir längst einen zivilen Verteidigungsminister.

Was bedeutet die Nachbarschaft des übermächtigen Russland für Georgien?

Wir haben keine andere Wahl, als uns mit Russland zu arrangieren. Ich halte es für einen Irrtum, wenn der russische Präsident Putin glaubt, Wirtschaftsreformen ließen sich von Demokratieentwicklung abkoppeln. Wenn beide Prozesse nicht parallel verlaufen, dann droht Anarchie. Wie in der UdSSR dienen wirtschaftliche Hebel dann zu repressiven Zwecken.

Sie haben die US- und die Sowjetarmee von innen gesehen. Worin unterscheiden sie sich?

In den Westarmeen ist das Leben des Soldaten ein Wert an sich, den es unter allen Umständen zu schützen gilt. Verluste sind zu vermeiden. Das gilt in der russischen Armee nicht. Ganz neu war für mich auch die Unterweisung, wie man in Konfliktfällen mit der Zivilbevölkerung des eigenen oder besetzten Landes umzugehen hat. Ganze Stäbe kümmern sich darum. In Russland gibt es nur eine militärische Aufgabe, die erfüllt werden muss, wie hoch der Kollateralschaden ausfällt, spielt eine untergeordnete Rolle. Dahinter stehen verschiedene Menschenbilder. INTERVIEW: KLAUS-HELGE DONATH