Konkurrenz im „Eifelturm“

Trotz Krise eröffnen Jan Bergrath und Michi Kleiber in der Eifelstraße ein neues Theater für Kabarett und Satire. Die zwei setzen auf ein eigenes Programmprofil und auf Finanzhilfe aus der Wirtschaft

„Sicherheit gibt es nicht, Kultur lebt vom Risiko. Und daraus muss Kreativität entstehen“

VON INGO PETZ

In der Krise zeigt sich, wie gut das Kabarett ist. Es stirbt oder es lebt. Kabarett ist Krise – und nicht Karneval, der siecht bis er riecht. So ist es ein gutes Zeichen, dass der Kölner Journalist Jan Bergrath und der Kölner Kabarettist Michi Kleiber das 1985 gegründete Severins-Burg-Theater in der Eifelstraße – übrigens ein Opfer der Subventionsstreichungen im Sommer 2002 – zu neuem Leben erwecken wollen – mit Kabarett und Comedy. Morgen ist es so weit: Mit ihrem „Hausherrenabend“ zeigen sie in gründlich renovierten Räumen an der Eifelstraße, wo‘s künftig lang gehen soll.

Ein mutiger Schritt, jetzt, da Förderungen gestrichen werden, Etats gekürzt werden müssen. Wo Theater, Galerien und Museen nur noch auf Sparflamme kochen können. Und Zuschauer Zuhause bleiben. Aber Köln will Kulturhauptstadt Europas 2010 werden. Tja, bodenloses Selbstbewusstsein ist Kölner Trumpf im geschmeidigen „Et hätt noch immer jot jejange“-Laissez-faire. „Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, sagt Bergrath. Und so karg das klingt, so wahr ist das. „Kultur lebt vom Risiko“, sagt er. Sicherheit gebe es nicht. „Und daraus muss Kreativität entstehen.“

Und die geht nach Bergrath so: Mit einem festen Stamm an Künstlern aus der regionalen Szene wolle man „sich ein Publikum ziehen. Und wenn der Laden läuft, soll auch der Nachwuchs seine Chance bekommen.“ Gewürzt mit Aktionswochen, Überraschungsveranstaltungen wie Lesungen oder Konzerten wollen die Macher Aufmerksamkeit schaffen. So gibt es ab Mitte Januar eine Sonntags-Matinee. In „Kultur & Sühne“ rückt Kleiber Songs kabarettistisch auf die Pelle – Songs, die sich der Zuschauer im Internet unter www.kult-song.de wünschen kann. Und im Februar gibt es eine „Turmfrauenwoche“ für Kölner Künstlerinnen. Der Künstler-Stamm umfasst bekannte Namen wie Achim Konejung, Robert Griess, Mamma Grappa oder Peter Vollmer – sicher keine Kabarettisten der ersten Garde, aber talentierte und willige Könner, die im kreativen Konglomerat vielleicht nochmal wachsen können.

Bevor das Theater morgen seine Pforten öffnen kann, war einiges zu tun. Selbst am Sonntag wurde noch umgebaut. 90 Plätze soll die Bühne dann haben. Natürlich gibt es Förderung aus öffentlichen Geldern. Bergrath und der Trägerverein, den das Haus bekommt, stehen auf sicherem Boden. „Wir sind alle unabhängig und brauchen das Theater nicht, um zu überleben.“ Den Rest besorgen die Autovermietung Hertz und DAF Trucks Deutschland. Sie geben Geld und Namen und hoffen auf neue Kunden. Gleichzeitig bekommt das Theater Werbeflächen in Mietfahrzeugen, der Kunde Rabatte mit einem Eifelturm-Ticket und es gibt Gutscheine für ermäßigte Tickets, wenn er Autos mietet. Ein Interessenkonflikt würde hier nicht entstehen, sagt Bergrath, Ex-Manager der „Confederacy of Fools“ und Produzent des LKW-Kabaretts „Modern Trucking“, das auch im „Eifelturm“ zu Gast sein wird.

Der neue Name des Theaters ist passend. Herausragend aus der Eifelstraße soll das Theater ein Licht in die Kultur bringen – als „Eifelturm“. „Wir setzen auf die Kölner“, sagt Bergrath mit unerschütterlichem Optimismus, der kein Zweckoptimismus ist. Köln hat mit dem Senftöpfchen, der Comedia, dem Klingelpütz, Bürgerhaus Stollwerck, Limelight, Wohnzimmer-Theater oder dem Atelier-Theater allerdings einige etablierte Kleinkunst-Bühnen, die kämpfen müssen – um ein zunehmend sattes und TV-Comedy-gegängeltes Publikum.

Das Publikum kommt, wenn es was zu sehen gibt, war mal ein Spruch. Nur, was ist, wenn es was zu sehen gibt, und niemand hört davon? „Wir müssen ein Profil aufbauen. Und dafür brauchen wir Zeit“, sagt Bergrath. Zeit, die ein Theater heute kaum noch hat. Künstlerische Visitenkarten sind nötig, um sich aus dem Wust der Kleinkunsttheater hervor zu heben. Schön wäre es, wenn das Kabarett vielleicht seine regionalen Angriffspunkte schärfen würde, mit einer allmonatlichen Abrechnung rheinischen Unvermögens. Beim „Eifelturm“ hängt das Profil noch in der Schwebe. Denn Kabarett, Comedy, Sonderprogramme machen viele, vielleicht zu viele. Gibt es da keine Angst vor der Konkurrenz? „Viele Bühnen laufen gut und es gibt viele gute Künstler, die wegen der dichten Spielpläne nicht mehr auftreten können.“

Eine zusätzliche Bühne sei in jedem Fall ein Plus und eine Chance. Das meint auch der Vorsitzende der Theaterkonferenz Joe Knipp: „Es kann gar nicht genug Theater geben.“ Wenn die Qualität stimmt, will man hinzu fügen. Allerdings kann es kaum Qualität geben, wenn nicht gespielt wird. Und wenn nicht gespielt wird, gibt es nicht das Glück auf Erfolg im Tal kulturpolitischer Erosion. Kölns erste Kabarett-Herrin Alexandra Kassen jedenfalls wünscht das Glück schon mal in Richtung „Eifelturm“. Und das tut sie so: „Sehr schön. Da kann ich nur hoffen, dass es gut geht.“

„Hausherrenabend“: Theatereröffnung unter anderem mit Achim Konejung, Birgit Pacht, Michi Kleiber und Peter Vollmer, 6. Januar, 20 Uhr, Eifelturm, Eifelstr. 33, Tel 0221 / 32 17 92www.eifelturm-koeln.de