Ehrenkodex keine Ehrensache

Ein Viertel der Kölner Ratsmitglieder hat Vorbehalte gegen das Regelwerk, das Bestechung und Vorteilsnahme verhindern soll. Doch keiner bekennt sich zu seiner fehlenden Unterschrift

VON FRANK ÜBERALL

Der Ehrenkodex der Stadt Köln schmeckt den Ratspolitikern nicht. In dem Papier sollen sich die ehrenwerten Volksvertreter seit über einem halben Jahr schriftlich verpflichten, nur das Wohl der Bürger und nicht den Eigennutz in den Mittelpunkt zu stellen. Ein Viertel der Ratsmitglieder hat das Papier nach Angaben eines Stadt-Sprechers aber noch nicht unterschrieben.

In dem Regelwerk steht unter anderem, dass die Annahme von Geld, unangemessenen Sachgeschenken oder anderen Vorteilen verboten ist. Geheime Informationen dürfen nicht ausgeplaudert und erst recht nicht „gewinnbringend für mich oder meine Angehörigen verwertet“ werden, sollen die Ratsmitglieder erklären. Geschäftliche Beziehungen müssen dem Oberbürgermeister gemeldet werden und dürfen nicht unter Ausnutzung des Rufes als Ratsmitglied zustande kommen. Wer den Rat verlässt, soll alle mit dem Mandat verbundenen Tätigkeiten aufgeben.

All diese Vorschriften meinen manche Ratsmitglieder kaum einhalten zu können. Vor allem für Freiberufler wie Rechtsanwälte stellen sie offenbar ein Problem dar. Deshalb versuchen viele Politiker, die Zeit bis zur Kommunalwahl im Herbst „auszusitzen“ und ihre Unterschriften mit fadenscheinigen Begründungen zu verzögern. Keiner steht in der Öffentlichkeit dazu, den Ehrenkodex abzulehnen.

Glaubt man aber den Angaben der Fraktionen, sind es vor allem Personen aus der CDU, die Vorbehalte gegen den Ehrenkodex haben. „Mehrere Mitglieder unserer Fraktion sind der Meinung, dass er zu starke Eingriffe in die persönliche Sphäre des Ratsmitgliedes und seiner Familie vornimmt“, erklärte CDU-Fraktionschef Karl-Jürgen Klipper. Manche würden die Vorschriften „gleichsam als Berufsverbot“ ansehen. Wer für den Rat kandidiere, müsse persönlich wie beruflich immer „politisch sauber“ handeln, betonte Klipper: „Ob der Ehrenkodex geeignet ist, diesen hohen moralischen Anspruch zu garantieren, bin ich mir nicht sicher.“

Die Grünen haben den Kodex zwar unterschrieben, aber einen wesentlichen Passus gestrichen. Sie wollen sich nicht dem „Ehrenrat“ unterwerfen, der über Verdachtsfälle beraten soll. „Dieses Gremium ist doch ein zahnloser Tiger“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Barbara Moritz der taz. In wesentlichen Fällen habe das Instrument versagt. So sei nicht über die Ermittlungen gegen die Ratsmitglieder Karl-Ludwig Schmitz und Hans Werner Hamm (CDU) gesprochen worden. Auch die Berichterstattung über die Nutzung der Kölnarena-Logen durch Bürgermeister Josef Müller (CDU) sei nicht thematisiert worden. Statt dessen nutze OB Schramma das Gremium zur Selbstdarstellung: „Ich akzeptiere Schramma nicht als meinen Chef. Und es stellt sich doch die Frage, wer ihn wiederum kontrolliert.“

Martin Börschel (SPD) bemängelte ebenfalls, dass der Ehrenrat „nicht in die Tiefe geht“. So seien die „sachkundigen Bürger“ in den Ratsausschüssen von den Vorschriften nicht erfasst. Trotzdem hätten fast alle Sozialdemokraten das Papier unterschrieben. Die FDP hat ebenfalls ihre Signatur vollständig abgegeben. Das Gremium gehe auf eine Idee des verstorbenen CDU-OB Harry Blum zurück, sagte FDP-Fraktionschef Ralph Sterck, und es sei „ein wichtiges Instrumentarium für die Transparenz der Arbeit im Kölner Stadtrat.“

Die PDS hält den Ehrenkodex dagegen für eine „überflüssige Schaufensterveranstaltung“. Die Regeln beinhalteten „im Grunde nichts anderes, als was jeder und jede bei der Amtseinführung unterschrieben und erklärt hat“, meinte Gruppenassistent Wolfgang Breuer. Politiker würden nicht vertrauenswürdiger, wenn sie das Papier unterschrieben – deshalb hat dies auch kein PDS-Mandatsträger getan.