KROATIEN SOLLTE FÜR SEINE REFORMBEREITSCHAFT BELOHNT WERDEN
: Bereit für die EU

Noch vor wenigen Jahren war an eine EU-Mitgliedschaft Kroatiens nicht zu denken. Während Slowenien schon die Weichen gestellt hatte, blockierte das Tudjman-Regime mit seiner Kungelwirtschaft und autokratischen Herrschaft jegliche Annäherung an die EU. Dass es den demokratischen Kräften mit dem Machtwechsel im Januar 2000 gelungen ist, das zu ändern, ist beachtlich. Kroatien hat unter der neuen Regierung und seinem Präsidenten Stipe Mesić viel getan, um das alte Image loszuwerden. Mit den Reformen im Rechtssystem und der Wirtschaft hat es grundsätzliche Bedingungen der EU erfüllt.

Dass es dennoch Widerstände in der EU gegen einen Beitritt Kroatiens gibt, kann nicht übersehen werden. Starke Strömungen in der EU wollen am liebsten die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien zusammen mit Albanien, Rumänien und Bulgarien in einem „Paket“ aufnehmen. Die Integration Südosteuropas soll nach diesen Vorstellungen schrittweise über die Entwicklung einer Zollunion erfolgen. Nur: Damit wäre der Beitritt auf die lange Bank geschoben, da ihm gerade in den südlichen Ländern die Defizite in der demokratischen Entwicklung entgegenstehen.

Anstatt also das wesentlich weiter entwickelte Kroatien für die Defizite in anderen Ländern büßen zu lassen, sollte schleunigst ein Zeitplan mit konkreten Integrationsschritten erstellt werden. Die Fortschritte bei der Integration Kroatiens würden dann auf die gesamte Region zurückwirken.

Die Aussicht, von Brüssel ernst genommen zu werden, beflügelt in Kroatien und den anderen Staaten die demokratischen Kräfte. Sie war stets ein wichtiger Hebel für internationale Institutionen in der Region, um demokratische Prozesse und wirtschaftliche Reformen durchzusetzen. Eine Paketlösung müsste die Reformkräfte in Kroatien und anderen Ländern entmutigen und würde gleichzeitig die nationalistischen Kräfte stärken.

Allerdings muss man die jetzige Regierung in einer innenpolitisch brisanten Frage unter Druck setzen: der Auslieferung mutmaßlicher Kriegsverbrecher nach Den Haag. ERICH RATHFELDER