Südamerika gegen Handelszone

Die USA versuchen Lateinamerika zu spalten, um eine Freihandelszone zu ihren Konditionen durchzusetzen. Vor allem Argentinien und Brasilien wehren sich dagegen

BUENOS AIRES taz ■ Robert Zoellick, Handelsbeauftragter der US-Regierung, ist ein kühler Stratege. Seit 1994 verhandelt seine Regierung mit den lateinamerikanischen Regierungen über eine gesamtamerikanische Freihandelszone von Alaska bis Feuerland (FTAA). Dabei hat Zoellick nicht immer leichtes Spiel. Vor allem Argentinien und Brasilien bereiten ihm Schwierigkeiten.

Brasilien, größtes Land im südlichen Teil des Kontinents, hegt selbst Hegemonialmachtansprüche und versucht zusammen mit Argentinien, ganz Lateinamerika auf eine gemeinsame Position einzuschwören. Zoellicks Gegenstrategie: Er versucht die lateinamerikanische Allianz zu spalten.

Rechtzeitig zu dem Treffen der FTAA-Unterhändler aus 34 amerikanischen Ländern, das am Freitag in Panama zu Ende ging, hatte Zoellick einen Vorschlag fertig. Zum ersten Mal legten die USA ein konkretes Konzept zur Zollsenkung auf dem Kontinent vor. Darin werden auch Vorschläge zum sensiblen Thema Agrarhandel gemacht – und diese sind genau durchdacht: Die Länder der karibischen Gemeinschaft (Caricom) können auf eine Zollsenkung von 85 Prozent bauen, wenn sie ihre Produkte an ein anderes FTAA-Mitgliedsland liefern, die Andenländer (Kolumbien, Bolivien, Ecuador, Venezuela, Peru) auf 68 Prozent, die Länder Zentralamerikas auf 64 Prozent, und die Länder des von Argentinien und Brasilien dominierten Agrargiganten Mercosur nur noch auf 50 Prozent.

Wie erwartet, fühlten sich die Mercosur-Länder, zu denen auch Uruguay und Paraguay gehören, beleidigt. Vor allem in der brasilianischen Delegation fielen deutliche Worte. Das US-Angebot „diskriminiert den Mercosur“, sagte ein Regierungsbeamter. „Länder, die der US-Agrarindustrie nicht gefährlich werden können, werden bevorzugt und der Mercosur, der für die US-Agrarindustrie eine Bedrohung ist, wird benachteiligt.“

Aber auch aus den anderen Länder hagelte es Kritik. In dem US-Vorschlag steht einmal mehr kein Wort über die Agrarsubventionen, mit denen die Supermacht ihre Bauern unterstützt. Deren Folgen bekommt heute schon Mexiko zu spüren, das seit 1994 mit den USA und Kanada in der Handelszone Nafta vereint ist: Mexikos Bauern können mit dem billigen Mais aus dem Norden nicht mithalten. Daher seien alle lateinamerikanischen Länder „der Ansicht, dass die Subventionen eliminiert werden müssen“, so Panamas Vizeminister für Handel und Industrie, Melitón Arrochar.

Zoellick hingegen findet, dass das Problem der Agrarsubventionen nur von der Welthandelsorganisation gelöst werden kann, also nur dann, wenn die EU ebenfalls ihre Subventionen abbaut. Im Übrigen sei der Vorschlag des Mercosur zur Zollsenkung „enttäuschend“. Die Südamerikaner hatten vorgeschlagen, die Zölle durchschnittlich um 62 Prozent zu senken.

Viel Zeit bleibt nicht mehr, den Disput beizulegen. Schon Mitte Juni sollen die Verhandlungen im FTAA-Rahmen über Marktzugang beginnen. Und Ende 2005 soll dann der Startschuss für die Freihandelszone gegeben werden.

Sollten die Südländer weiter Schwierigkeiten machen, so hat sich Zoellick ein Druckmittel ausgedacht: Er verhandelt Freihandelsverträge mit denen, die sie zu seinen Konditionen nehmen wollen. Ende vergangenen Jahres haben die USA bereits ein Freihandelsabkommen mit Chile unterzeichnet, und Ende Februar will sich Zoellick mit den Handelsministern Zentralamerikas treffen. INGO MALCHER