Mit absoluter Mehrheit gegen den Bürgerwillen

In Sankt Augustin entscheidet der Stadtrat über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens gegen Cross-Border-Leasing. Streitpunkt sind eventuelle Ausfallkosten. Grundlage für die Entscheidung ist das Gutachten eines Jura-Professors

KÖLN taz ■ Der Streit um das geplante Cross-Border-Leasing in Sankt Augustin bei Bonn geht in eine neue Runde. Bürgermeister Klaus Schumacher (CDU) will den Mitgliedern des Stadtrats am Freitag das Gutachten eines Jura-Professors zustellen. Auf dessen Grundlage soll der Rat dann am 21. Januar in entscheiden, ob er das Bürgerbegehren gegen die Vermietung städtischer Einrichtungen an einen US-Investor für unzulässig erklärt. Die Gegner des Bürgerbegehrens argumentieren, dass es keinen Vorschlag zur Finanzierung der Ausfallkosten enthalte, die entstünden, wenn das Cross-Border-Geschäft nicht zu Stande käme.

„Ich hatte angekündigt, dass wir das nicht im eigenen Saft entscheiden, sondern ein unabhängiges Gutachten erstellen lassen“, so Schumacher zur taz. Schließlich sei bekannt, dass es im Rat „unterschiedliche Einschätzungen“ zu dem Cross-Border-Geschäft gebe. Dort hält die CDU die absolute Mehrheit. Sie befürwortet das Leasing-Geschäft. Die Grünen haben sich gegen den Cross-Border-Deal ausgesprochen.

Bereits vor Weihnachten hatte die Sankt Augustiner Bürgerinitiative gegen das Cross-Border-Leasing dem Bürgermeister knapp 5.000 Unterschriften überreicht – fast doppelt so viele wie für ein erfolgreiches Bürgerbegehren nötig sind. Ein Bürgerbegehren bewirkt, dass der Stadrat seine Entscheidung überdenken muss. Weigert er sich, dem Bürgerbegehren stattzugeben, kommt es zu einem Bürgerentscheid.

Seit rund zwei Jahren plant die Stadtverwaltung von Sankt Augustin, die städtische Kläranlage und das örtliche Abwassernetz an einen nicht näher bekannten US-Investor zu verleasen. Sie erhofft sich dadurch einen Barwertvorteil in Höhe von 10 Millionen US-Dollar.

Schumacher warnte die Gegner des Geschäfts vor „Regressforderungen in Höhe von 2 Millionen Euro“, die der Arrangeur des Geschäfts geltend machen könne. Im Vertrag mit der Frankfurter Global Capital Finance sei festgelegt, dass die Stadt sämtliche Kosten begleichen müsse, die bis zum Zeitpunkt der Vertragskündigung anfallen, wenn die Stadt Sankt Augustin das Geschäft trotz des Mitte Oktober erfolgten Ratsbeschlusses ablehne.

Der grüne Fraktionsvorsitzende Wolfgang Köhler sagte der taz: „Da hat die Verwaltung einen schlechten Vertrag abgeschlossen.“ Sollte der Rat das Begehren für unzulässig erklären, wolle seine Fraktion eventuell vor das Verwaltungsgericht ziehen. „Gegen einen Ratsbeschluss kann man ja keinen Widerspruch einlegen“, bedauert Köhler.

Schumacher verteidigte den Vertrag mit dem Arrangeur. Sämtliche Unwägbarkeiten im US-amerikanischen Recht seien das Risiko der Global Capital Finance. Sollten die Vereinigten Staaten zum Beispiel ihr Steuerrecht ändern und Cross-Border-Leasings verbieten, bleibe die Beratungsgesellschaft auf den bislang angelaufenen Kosten sitzen.

SEBASTIAN SEDLMAYR