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Skandal im Klinik-Bezirk

Hat Niedersachsens oberster Krankenhaus-Planer Unternehmen nur beraten oder ihnen auch Vorteile gewährt? Ministerium prüft Disziplinarverfahren gegen Beamten

Hannover taz ■ Hat Niedersachsens oberster Krankenhausplaner Gesundheitskonzernen unter der Hand Vorteile bei der Klinikplanung gewährt? Dieser Vorwurf gegen das Haus von Gesundheitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) steht im Raum, seit bekannt wurde, dass ihr Referatsleiter Ernst Bruckenberger die Mediclin AG, einen der größten Klinikkonzerne in Deutschland, gegen Entgelt beraten hat – und zwar ohne Genehmigung. Verstärkt wurde der Verdacht gestern, als das Sozialministerium zugeben musste, dass der 63-jährige Bruckenberger auch noch für die Rhön-Kliniken AG tätig war – ebenfalls dick im Geschäft im Land.

Fest steht, dass der Klinikexperte etwa ein Jahr lang, bis März 2003, jeweils im Beirat der Mediclin als auch in dem der Rhön AG saß. In drei Sitzungen soll er beratend für Mediclin tätig gewesen sein und pro Sitzung jeweils 1.500 Euro „Aufwandsentschädigung“ kassiert haben. Für die Rhön AG hätten Bezahlung und Umfang der ungenehmigten Nebentätigkeit „in einer ähnlichen Größenordnung gelegen“, sagte von der Leyens Sprecherin Iris Bethge zur taz. Weiter betonte sie, in diesem Zeitraum seien in den Mediclin-Häusern keine Investitionen vorgenommen worden, bei der Rhön AG sogar Betten abgebaut worden. Die Mediclin betreibt in Niedersachsen fünf, Rhön sechs Kliniken. Das Ministerium hat nun Vorermittlungen zu einem Disziplinarverfahren gegen einen der einflussreichsten Beamten in von der Leyens Ministerium eingeleitet. Bethge: „Für uns ist wichtig, dass kein Interessenkonflikt eingetreten ist“. Der „Knackpunkt“ liege für von der Leyen jedoch nicht in Bruckenbergers Nebenjob, sondern darin, dass er ihn sich nicht habe genehmigen lassen.

Ein Geschmäckle bleibt. Die SPD sprach gestern von einem „Skandal“, die Grünen meinten, eine „Interessenkollision“ sei nicht auszuschließen. Der zuständige Ausschuss im Landtag müsse „umgehend“ aufgeklärt werden. „Bruckenberger verfügt über wichtige interne Kenntnisse, zum Beispiel über die Investitionsanmeldungen“, sagte die Grüne Meta Janssen-Kucz. Es sei „naiv zu glauben, dass dieses Wissen im Zusammenhang mit der Beratung anderer privater Betreiber ausgeblendet wird“.

Gleichzeitig warf sie Ministerin von der Leyen eine „Beschwichtigungstaktik“ vor. Es sei „ein Affront gegen alle Krankenhausbetreiber und kommunalen Entscheidungsträger, wenn das Ministerium angesichts der bekannten Fakten von einer lupenreinen Arbeit Bruckenbergers spricht.“ Kai Schöneberg

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