Sudans Öl soll bald in alle Richtungen fließen

Regierung und Rebellen im Sudan teilen Ölgelder auf: Nach Friedensvertrag kriegt der autonome Südsudan die Hälfte

BERLIN taz ■ Sudans Zentralregierung und die südsudanesische Rebellenbewegung SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) verwalten in Zukunft jeweils die Hälfte der Staatseinnahmen des Landes. Ein entsprechendes Abkommen unterzeichneten Vertreter beider Seiten gestern in Kenia. Damit ist die wirtschaftliche Grundlage für die auf sechs Jahre angelegte Autonomie des Südsudan gelegt, die Regierung und SPLA 2002 ausgehandelt hatten und die vor dem In-Kraft-Treten noch in einem umfassenden Friedensvertrag bestätigt werden muss.

„Zum ersten Mal in der Geschichte des Sudan behalten die Öl produzierenden Regionen im Süden einen Teil ihres Reichtums“, freute sich SPLA-Sprecher Yasser Arman. Ölexporteinnahmen machen fast die Hälfte der sudanesischen Staatseinnahmen aus. Die Aufnahme des Ölexports 1999, vor allem durch asiatische Firmen, hatte den jahrzehntelangen Krieg im Süden noch einmal verschärft und zu massiven Vertreibungen der Zivilbevölkerung durch die Regierungsarmee und befreundete Milizen in den Ölgebieten geführt. So war das Öl ein zentraler Aspekt der 2002 begonnenen Friedensgespräche.

Die Ölförderung des Sudan liegt derzeit bei 295.000 Barrel pro Tag und brachte dem Land im Jahr 2003 rund zwei Milliarden Dollar. Bis Ende 2004 soll die Förderung mit der Erschließung neuer Ölfelder auf 350.000 Barrel pro Tag steigen, bis Ende 2006 sogar auf 750.000. Ein Großteil der neuen Ölfelder liegt nicht im Südsudan, sondern im Regierungsgebiet, weswegen die Regierung in Khartum zunächst dem Südsudan nur 10 Prozent der Gesamteinnahmen geben wollte. Die SPLA hat sich nun weitgehend durchgesetzt und kann für ihre Autonomieregierung mit Milliardeneinnahmen rechnen. Das Geld muss auch nicht den Ölgebieten direkt zugute kommen, denen das Abkommen nur 2 Prozent der Öleinnahmen reserviert.

Der Verteilungsschlüssel 50:50 zwischen Khartum und Südsudan bezieht sich nicht nur auf das Öl, sondern auf sämtliche Steuer- und Exporterlöse des Staates. Sudans Zentralbank wird in zwei Filialen geteilt – eine islamische in der Hauptstadt Khartum und eine nichtislamische im Süden. Der Südsudan bekommt zudem eine eigene Währung. Eine paritätisch besetzte Nationale Erdölkommission wird zur Vergabe von Ölkonzessionen und zur Überwachung der Ölförderung eingesetzt.

Die Friedensgespräche treten nun in ihre heikelste Phase ein, bei der es um die Verteilung der Macht innerhalb der zukünftigen Zentralregierung geht sowie um die genaue Grenze des autonomen Südsudan. Vor allem beim letzten Punkt ist keine Annäherung in Sicht.

Überschattet werden die Gespräche durch den eskalierenden Krieg in der Region Darfur im Westen des Landes, wo sich Rebellen erhoben haben, die nicht am Friedensprozess beteiligt sind. Ihnen sagte die Regierung in Khartum zu Jahresbeginn den totalen Kampf an. Gestern meldete BBC Monitoring unter Berufung auf sudanesische Medien, der Feldkommandeur der Darfur-Rebellen, Abdallah Abkar, sei möglicherweise tot. Bei Kämpfen um Abu Qumbarah am Dienstag sei er schwer verletzt worden und habe dann die Evakuierung nicht überlebt.

DOMINIC JOHNSON