PDS will Frau als Senderchefin sehen

Drei Männer und eine Frau kandidieren für den neuen RBB-Intendantenposten. Bärbel Grygier, Rundfunkratsvize für die PDS, hat schon genaue Präferenzen. Sie plädiert für NDR-Direktorin Reim. Favorit ist aber WDR-Mann Deppendorf

Beim Oscar kommen fünf Namen in die Endauswahl, bei der Intendantenwahl für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) vier: WDR-Mann Ulrich Deppendorf, NDR-Direktorin Dagmar Reim, Ex-Radio-Chef Bernt von zur Mühlen und Ex-Staatsopernchef Georg Quander. Deppendorf gilt seit Wochen als Favorit. Während sich SPD- wie CDU-Vertreter im Rundfunkrat noch bedeckt halten, sprach sich gestern namens der Berliner und Brandenburger PDS die parteilose Ratsvize Bärbel Grygier für Reim aus. „Wir wünschen uns eine Frau als Intendantin“, sagte sie der taz. Es gebe zwar eine „exzellente Bewerberlage“. Noch nie aber habe eine Frau an der Spitze einer ARD-Anstalt gestanden. „Da halte ich es schon für eine politische Aufgabe, ein Zeichen zu setzen.“

Ein Bewerber, der Ende Oktober auf der Tribüne des Abgeordnetenhauses die entgültige Fusion von SFB und ORB zum neuen Sender RBB verfolgte, ist nicht mehr in der vierköpfigen Endauswahl: ARD-Fernsehjournalist Werner Sonne. Der hätte wenigsten seine Ideen als Papier vorgelegt, sagte leicht bedauernd Alice Ströver, medienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Sie wirft dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) politische Einflussnahme vor. Wowereit habe sich im Dezember mit Deppendorf, früher Chef des ARD-Hauptstadtstudios, und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) im Roten Rathaus getroffen, sagte sie gestern. Senatssprecher Michael Donnermeyer widersprach: „Es hat dieses Treffen nicht gegeben.“ Ähnlich hatte sich Wowereit im Parlament geäußert. Ende Januar hatte bereits NDR-Intendant Jobst Plog festgestellt, es gebe offenbar Gespräche zwischen den Landesregierungen und einem Bewerber und hatte diese Praxis kritisiert.

Was derzeit von den Parteien allein die PDS offen fordert, war ursprünglich erklärtes Ziel beim RBB: erstmals eine Intendantin, möglichst mit Ost-Biografie, zu wählen. Das sieht wegen Deppendorf nun anders aus. Ob der Posten bereits im ersten Anlauf am 24. März besetzt wird, bleibt abzuwarten. Im 30-köpfigen Rundfunkrat, dem sieben Frauen angehören, ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Wie schwer die zusammenzubekommen ist, ließ sich anschaulich bei der über Monate währenden ZDF-Intendantensuche im vergangenen Jahr beobachten. Reim war dabei ebenfalls im Rennen und von SPD-Vertretern unterstützt worden.

Um den Job an der Spitze des RBB, der am 1. Juni auf Sendung gehen soll, angesichts knapper Kassen nicht zu hart erscheinen zu lassen, hat sich die ARD großzügig gezeigt. Sie erließ dem ORB jene 25 Millionen Mark, die der Sender in seiner Aufbauphase als zinsloses Darlehen erhielt. Das ORB-Eigenkapital erhöhte sich damit auf 145 Millionen Euro, da das abgelaufene Geschäftsjahr einen 15-Millionen-Überschuss brachte. Da auch der SFB – entgegen ursprünglich negativen Prognosen – für 2002 mit einer schwarzen Null rechnet, kann sich die neue RBB-Leitung vor allem an die innere Integration zweier Unternehmenskulturen machen.

STEFAN ALBERTI, RAINER BRAUN