betriebsrenten
: Ein Rest des 20. Jahrhunderts

Die fest vereinbarten Betriebsrenten sind sicher. Und auch ihren künftigen Empfängern wird nichts gekürzt, sie erhalten nur nichts mehr dazu. Dennoch ist die Angst groß. Nach der Commerzbank hat nun auch die Versicherungsgruppe Gerling angekündigt, ihre Betriebsrenten aktiv zu reduzieren: Die Commerzbank finanziert gar nichts mehr, Gerling künftig sehr viel weniger. Viele Unternehmen bieten Betriebsrenten neuen Mitarbeitern schon seit Jahren gar nicht mehr oder nur noch eingeschränkt an.

KOMMENTARVON DIETMAR BARTZ

Aber Kündigungen sind eine Novität. Sie treffen die Rentenpläne tausender Arbeitnehmer. Und sie alarmieren Millionen Anwärter, die gute Gründe für die Vermutung haben, dass auch ihr Finanzchef gerade dabei ist, Kosten und Nutzen dieser Zusatzleistung durchzurechnen.

Sie verändern das Drei-Säulen-Modell aus staatlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge. Zwar steigt die Zahl der Beschäftigten, die später eine Betriebsrente erwarten können, aber nur, weil der Staat sie jetzt finanziell fördert. Die klassische arbeitgeberfinanzierte Betriebsrente hingegen ist ein Auslaufmodell. Neben dieser bisher stillen Teilverstaatlichung steht die Teilprivatisierung: Beschäftigte, die auf der Suche nach einer Ergänzung ihrer Altersversorgung sind, denen die Zukunft der staatlichen Rente nicht geheuer, die Riester-Rente zu kompliziert und die Entgeltumwandlung zu wenig ist, werden schneller auf die Kommerzangebote der Versicherungsbranche eingehen.

Anders als das übertarifliche 14. Monatsgehalt, das vielerorts stillschweigend abgeschafft wurde, datieren Betriebsrenten nicht aus den Zeiten des Überflusses, sondern der Altersarmut und patriarchaler Fürsorge. Diese Betriebsrenten wurzeln in der kapitalistischen Wirtschaftsethik des frühen 20. Jahrhunderts. Heute sind sie ein Stück „Stakeholder-Value“: Sie drückten aus, dass ein Unternehmen seine Kunden, seine Lieferanten und seine Beschäftigten schätzt und nicht allein seine Investoren mit ihrem „Shareholder-Value“.

Doch die Wirtschaftslage begünstigt die Aktionäre. In Zeiten des Überangebotes an Arbeitskraft überzeugt „Stakeholder-Value“ als Konzept nicht mehr. Aber weder die privaten Anbieter noch die Sozialpolitik können das Bedürfnis nach Verlässlichkeit einlösen; auch die gesetzliche Altersversorgung ist konjunktur-, weil haushaltsabhängig. Alle drei Säulen der Alterssicherung sind instabil.

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