Künstliches Dorf als Wohnprojekt

Mit der Allmende Wulfsdorf bauen sich 120 Bewegte eine Öko-Siedlung vor den Toren Hamburgs. Sie wollen dort gemeinsam wohnen und möglichst auch arbeiten. Eigentümer sind zugleich Genossenschafter. Modellprojekt für nachhaltiges Leben

Die Allmende bietet Gemeinschaft statt ein Doppelhaus mit Maschendrahtzaun

aus HamburgGERNOT KNÖDLER

Am nordöstlichen Stadtrand von Hamburg bürsten 120 Bauwillige den Zeitgeist gegen den Strich. Der Name ihres Projektes, „Allmende Wulfsdorf“, sagt es bereits, denn „Allmende“ hießen die Grundstücke eines mittelalterlichen Dorfes, die gemeinsam bewirtschaftet wurden. Eben so ein Dorf will der Haufen Gleichgesinnter auf dem Gebiet der schleswig-holsteinischen Stadt Ahrensburg errichten. Neun Mehrfamilienhäuser, Kindergarten, Sporthalle, Künstler- und Gesundheitszentrum, Büros und Werkstätten sollen, nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit errichtet, ein zukunftsfähiges Leben ermöglichen. Das Gelände wird ihnen genossenschaftlich gehören, für die Wohnhäuser bilden sie Eigentümergemeinschaften. In einigen Wohnungen und vor allem in den Gewerbeobjekten ist noch Platz.

„Ich suche sowas schon mein halbes Leben“, sagt Norbert Tochtenhagen, der seit 48 Jahren in Hamburg-Ottensen wohnt. Einmal schon hat er das Landleben ausprobiert. Das war aber 85 Kilometer weit von der Metropole entfernt – zu weit, um praktikabel zu sein. „Man muss ja auch was arbeiten können“, sagt Tochtenhagen. Die Allmende hingegen bietet Landleben mit U-Bahn-Anschluss, und die Größe des Projekts bringt es mit sich, dass sehr verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Kenntnissen hier zusammenleben werden.

Die Allmende fasziniert Tochtenhagen, weil sie ihm die Möglichkeit bietet, „in Gemeinschaft zu leben, statt in einem links und rechts abgezäunten Doppelhaus“, was er spießig fände. Seine Lebensgefährtin, seine Freunde und ein Kind bringt er mit. Dem Gedanken der Allmende entsprechend, soll es auf dem Gelände möglichst keinen Zaun geben. „So ein Grundstück hätte ich mir nie leisten können“, sagt er. Die Konstruktion des Eigentums entziehe das Grundstück und die Wohnungen überdies der Spekulation. Ein übermäßiger Gewinn beim Verkauf wird gekappt.

Wer dort wohnen oder arbeiten will, muss zunächst Mitglied im Trägerverein werden, was eine Aufnahmegebühr, einen Mitgliedsbeitrag und die Zahlung in einen Sozialfonds fällig werden lässt. Letztere dient dazu, vorübergehend klammen Bauparteien unter die Arme zu greifen. „Wir möchten nicht, dass das normale Prozedere greift“, sagt Projektentwickler Volker Spiel: Übereignung an die Bank, Zwangsversteigerung et cetera.

Spiel kalkuliert mit einem Investitionsvolumen von 20 Millionen Euro, die von den Vereinsmitgliedern aufgebracht werden müssen. 7,5 Millionen davon fließen ins Gemeinschaftseigentum. Mit ihnen wird das Gelände gekauft – was jüngst beschlossen wurde. Mit dem Geld wird geplant, vermarktet, das Gelände erschlossen und der Kindergarten gebaut. Dazu kommen für jeden Bauherren die Kosten für die Sanierung oder den Neubau seines künftigen Domizils. Summa summarum kommt Spiel bei den Wohnungen auf rund 2.200 Euro pro Quadratmeter. „Wir hatten gehofft, dass es ein bisschen günstiger geht“, sagt er. Dafür könne man auf der Allmende sehr großzügig bauen und wohnen. Auch geförderte Sozialwohnungen stehen im Plan.

Die „Allmendianer“, wie sie sich nennen, wollen das Soziale mit dem Ökologischen und das Leben mit dem Arbeiten verbinden. Die Wohnhäuser sollen den Niedrigenergiestandard unterbieten. Energie liefern ein Holzhackschnitzelheizwerk und 120 Quadratmeter Solarthermie. In die Hallen werden ein Garten- und Landschaftsbauer einziehen und ein alternatives Bestattungsunternehmen. Außerdem soll Gemüse für das benachbarte Öko-Gut Wulfsdorf hier verarbeitet werden. Für Handwerker und weitere Freiberufler ist noch Platz.

Nächster Info-Termin am Bornkampsweg 36 in Ahrensburg-Wulfsdorf am 18. Januar ab 15 Uhr. Fon 04102/ 4582-30. www.allmende-wulfsdorf.de