Feuerwerk für Roh aus Nordkorea

Unmittelbar vor Amtseinführung des neuen südkoreanischen Präsidenten Roh Moo Hyun „testet“ Nordkorea zwei Raketen.Die USA und ihre Verbündeten in Ostasien spielen den Vorfall herunter, US-Außenminister Powell nennt ihn sogar „harmlos“

aus Tokio ANDRÉ KUNZ

Sie sind uralt, chinesischen Geschossen nachgebaut und heißen Seidenraupe. Zwei dieser Antischiffsraketen hat Nordkorea kurz vor der gestrigen Amtseinführung des neuen südkoreanischen Präsidenten Roh Moo Hyun ins japanische Meer abgefeuert. In Seoul und Tokio fielen darauf die Aktienkurse, während sich die in Seoul zur Amtseinführung versammelten Staatschefs und Außenminister unbeeindruckt gaben. Harmlos und nicht überraschend seien diese Tests, erklärte US-Außenminister Colin Powell. Japans Ministerpräsident Junichiro Koizumi sagte gar, ein Raketenteststoppabkommen sei damit nicht verletzt worden.

Die USA waren zuerst von den „Tests“ informiert, die Südkoreaner reagierten kurz darauf mit einer gewissen Entrüstung und die Japaner spielten es dann doch noch hoch. Drei japanische Privatsender brachten gestern Sondersendungen über die Gefahr nordkoreanischer Raketen. Martialische Bilder und besorgte Kommentare reichten, um die Tokioter Börse auf Talfahrt zu schicken und die Menschen an den Test vom August 1998 zu erinnern, als eine dreistufige Taepodong-Rakete mit 1.300 Kilometern Reichweite über Japans Hauptinsel flog.

Südkoreas neuer Präsident nutzte die Antrittsrede, um eine klare Warnung an Pjöngjang zu senden und den Bündnispartner USA zu beruhigen. Der Verdacht, dass Nordkorea Atomwaffen entwickele, sei eine große Bedrohung für den Weltfrieden, sagte Roh und warnte: Nordkoreas Nuklearentwicklung kann niemals verziehen werden. Der 56-jährige frühere Menschenrechtsanwalt war im Dezember auch wegen seiner latent US-kritischen Haltung knapp zum 16. Präsidenten des Landes gewählt worden. Im Beisein von US-Außenminister Powell relativierte er seinen Standpunkt deutlich und erklärte, dass Südkorea zusammen mit den USA und Japan die Nuklearfrage auf der koreanischen Halbinsel lösen wollten. Roh bezeichnet seinen Kurs der Annäherung an den Norden als Politik des Friedens und Wohlstands und führt damit die so genannte Sonnenscheinpolitik seines Vorgängers Kim Dae Jung fort.

Powell schickte auf der letzten Station seiner viertägigen Asienreise widersprüchliche Signale gen Pjöngjang. Einerseits kündigte er die Wiederaufnahme der Nahrungsmittelhilfe an Nordkorea an. Erst sollen 40.000 Tonnen Lebensmittel geliefert werden, und wenn sichergestellt sei, dass die Hilfe wirklich den Bedürftigen zugute kommt, wollen die USA weitere 60.000 Tonnen liefern. Dennoch wäre auch dies eine Reduzierung der US-Hilfe von zuletzt 157.000 Tonnen. Die USA waren seit Mitte der 90er-Jahre wichtigster Geber des Welternährungsprogramms der UNO. Sie setzten ihre Lieferungen im Dezember wegen mangelnder Kontrollmöglichkeiten aus, was Nordkorea provozierte. Angesichts der gleichzeitigen Nuklearkrise führte dies auch zum Vorwurf an die USA, Nahrungsmittelhilfe als Druckmittel einzusetzen. Pjöngjang warf den USA gestern vor, mit Spionageflugzeugen den nordkoreanischen Luftraum verletzt zu haben, um Ziele für einen Präventivschlag auszuspähen.