Privatfernsehen steht erst am Anfang

Für den Direktor der Landesanstalt für Medien ist das Ergebnis von 20 Jahren privatem Fernsehen eher durchwachsen

NRW taz ■ Der Direktor der Düsseldorfer Landesanstalt für Medien (LfM), Norbert Schneider zieht zum 20-jährigen Jubiläum des Privatfernsehens eine durchwachsene Bilanz. Nach den dunklen Kapiteln der ersten drei, vier Jahre habe das Privatfernsehen auch positiven Einfluss auf den Wettbewerb der Programme, sagt Schneider, „nicht alles im Privaten ist so schlecht, wie es gemacht wird.“ Gerade im Bereich der Serienproduktionen seien die Privaten mittlerweile Vorreiter. Aber: „Barbarische Momente und Verwahrlosungstendenzen sind die Kehrseite der privaten Medaille.“

Vor allem der Kölner Sender RTL setzt wie Konkurrent SAT 1 in seinem krawalligen Regionalformat um 18.00 Uhr auf die drei T‘s: Tränen, Titten, Tiere – ein Motto, das durchaus für Erfolg steht. Die höchsten Zuwachsraten erreichen die Sender in ihren lokalen Fenstern. Die Unterscheidungsmerkmale bleiben dabei jedoch auf der Strecke. „Die Trennung zwischen Information und Unterhaltung funktioniert nicht mehr“, sagt Norbert Schneider. Infotainment heißt das Zauberwort. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gleiche sich da immer mehr den Privaten an. Amerikanische Verhältnisse drohten dennoch nicht. „Der öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat hohe Standards gesetzt, die sich positiv auf die Inhalte der Privaten ausgewirkt haben“, so Schneider.

Das selbsternannte Medienland NRW ist bundesweit federführend. 35 Prozent aller Fernsehproduktionen werden in NRW hergestellt. Die Qualität ist hoch. Dies werde auch international beobachtet, sagt Medienstaatssekretärin Miriam Meckel. „Deutsche Fernsehproduktionen sind international konkurrenzfähig.“ Angesichts stagnierender Inlandsnachfrage und Werbeflaute müsse man im TV-Bereich verstärkt auf den Export zu setzen so Meckel, „wir wollen die nordrhein-westfälischen Produzenten dabei unterstützen.“

Ob das Niveau gehalten werden kann, ist fraglich. Der Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR), Fritz Pleitgen kündigte an, für die Gebührenperiode 2005 bis 2008 Einsparungen in Höhe von netto 1,6 Milliarden Euro vorzunehmen. Er wolle zeigen das die Öffentlich-Rechtlichen auch sparen können. „Einsparungspotenzial gibt es immer“, sagt Norbert Schneider, „der WDR könnte wahrscheinlich die Hälfte seiner Belegschaft entlassen“, nur bliebe dies nicht ohne Folgen. Die defizitäre Hörfunkwelle WDR 5 opferte kürzlich ihre abendlichen Musiksendungen zu Gunsten von Wiederholungen vom Nachmittag. Produktionskosten können so gespart werden – auch ein Modell für das Fernsehen?

„Es wird darauf hinauslaufen“, sagt LfW-Direktor Norbert Schneider, „der Wettbewerb wird sich mittelfristig verschärfen.“ Irgendwann stehe dann nur noch die Gewinnoptimierung im Mittelpunkt der Programmplanungen, insofern ist das Privatfernsehen erst am Anfang seiner Geschichte, glaubt Schneider. „Jetzt geht es erst richtig los.“

HOLGER PAULER