Wettkampf um jeden Preis

Die Hartz-Gesetze der Bundesregierung bringen Hamburger Ausbildungs-Agenturen in Existenznot. Auch die Lehrstellen-Vermittlung für junge Migranten des Vereins ATU steht jetzt vor dem Aus

Von EVA WEIKERT

„Ohne deren Hilfe würde ich immer noch rumjobben“, sagt Erkan Begün. Der 23-Jährige spricht von „ATU“, der Arbeitsgemeinschaft türkischer Unternehmer und Existenzgründer. Der Verein mit Sitz in der Hamburger Handelskammer hat dem Migranten eine Lehrstelle als Fachkraft für Lagerwirtschaft bei einem Teppichgroßhändler in der Speicherstadt vermittelt. Das war vor knapp drei Jahren. Heute steht Begün kurz vor der Gesellenprüfung – und ATUs Vermittlungsservice vor dem Aus.

Der Verein ATU ist nicht allein betroffen. In Hamburg sind neun Ausbildungs-Agenturen, die Lehrstellen in Unternehmen akquirieren, in ihrer Existenz bedroht. Das berichtet Günther Blom, Referatsleiter in der Bildungsbehörde. Ursache sind die „Hartz-Gesetze“ der Bundesregierung, die jüngst in Kraft getreten sind.

Danach erhalten Jobvermittler wie ATU keine festen Stellenförderungen mehr durch das Arbeitsamt. Stattdessen schreibt die Nürnberger Bundesagentur für Arbeit jetzt „Lose“ für Fördermaßnahmen aus, um welche freie Träger aus dem gesamten Bundesgebiet im Wettkampf miteinander ringen. „Wir verschlechtern uns dadurch immens“, beklagt Referatsleiter Blom. So seien die Hamburger Ausbildungs-Agenturen, die seit 2000 rund 1.000 Jugendliche in Lehrstellen vermittelten, bisher nahezu leer ausgegangen. Anbieter aus anderen Bundesländern haben das Rennen gemacht. „Das ging wohl nach dem Preis“, moniert Blom. Er warnt: „Durch die zentrale Vergabe werden regionale Besonderheiten übersehen.“ Arbeitsamt-Sprecher Knut Böhrnsen versichert indes: „Der Zuschlag wird nicht ins Blaue vergeben.“ Kriterien seien „Preis und Qualität“.

ATU hat gegen eine Unternehmensgruppe aus Hessen verloren und Hamburg damit ein „äußerst erfolgreiches Projekt“, wie selbst Böhrnsen einräumt. Geschäftsführer Mechmed Keskin ist seit 1996 darauf spezialisiert, Jugendlichen ausländischer Herkunft eine Lehrstelle zu vermitteln und zugleich ausländische Unternehmer zur Ausbildung zu bewegen. Denn die Jugendarbeitslosigkeit ist unter Migranten besonders massiv (siehe Kasten).

Die Handelskammer unterstützt darum das Programm mit Geld und Räumen. „Dank ATU sind mehrere Hundert Ausbildungsplätze in Hamburg entstanden“, berichtet Thomas Schierbecher,Vize-Geschäftsführer des Bereichs Berufsbildung. „Das Projekt hat sich bewährt.“