Angebot für Brandenburger: Migrant zu vermieten

Durch Besuch am Arbeitsplatz und Rundgang in Kreuzberg sollen fremdenfeindliche Stereotype abgebaut werden – und das ist auch dringend nötig

Keine Zeitarbeitsfirma, sondern eine antirassistische Initiative verbirgt sich hinter dem Slogan „Rent an Immigrant“. Beim Verein „Gesicht Zeigen!“ ist man der Meinung, dass die persönliche Begegnung der beste Weg ist, fremdenfeindliche Vorurteile abzubauen. Seit Juni 2002 „vermietet“ dieser Verein MigrantInnen an Brandenburger Schulen. Zuwanderer oder deren Nachkommen besuchen als Fachleute die Schulen – sie sind nicht nur Experten für Migrationserfahrungen, sondern gleichzeitig auch selbstbewusste und beruflich erfolgreiche Persönlichkeiten. Dadurch soll das Stereotyp vom Ausländer, „der entweder Probleme hat oder macht“, durchbrochen werden. Einen persönlichen Kontakt gibt es an Brandenburger Schulen mit einem äußerst geringen Anteil nichtdeutscher Kinder kaum.

Seit neuestem können die Klassen „ihren“ Migranten auch besuchen. Im Fortsetzungsprojekt „Meet an Immigrant“ sollen die Brandenburger SchülerInnen einen Eindruck vom multikulturellen Leben in Berlin erhalten. Dabei wird der Migrant am Arbeitsplatz besucht und eine Führung durch Kreuzberg mit Besuch von Moschee und türkischem Restaurant organisiert.

Rechtsextremismus ist nicht nur an Brandenburger Schulen ein Problem, und auch das Zusammenleben von Menschen verschiedenster Herkunft macht nicht dagegen immun. „In Berlin beobachten wir eine Veränderung der rechtsextremen Szene“, erklärt Michael Rump-Räuber vom Berliner Landesinstitut für Schule und Medien (Lisum). Hätten sich die Rechten vor einigen Jahren noch offensiv an den Schulen gezeigt, verhielten sie sich dort jetzt unauffällig. Aktivitäten von Rechtsradikalen fänden außerhalb der Schulen statt.

Für LehrerInnen ist es manchmal schwer, überhaupt zu erkennen, dass ihre Schüler rechten Ideologien anhängen. Im Januar hat das Lisum die CD-ROM „Standpunkte“ herausgegeben, mit deren Hilfe Berliner LehrerInnen im Umgang mit Rechtsextremismus geschult wurden. Die CD klärt zunächst über rechte Grundbegriffe, Organisationsformen und Kleidungscodes auf, um im Folgenden Argumentationshilfen dagegen und mögliche antirassistische Unterrichtseinheiten anzubieten.

Die CD-ROM ist ein Bestandteil des Projektes „Standpunkte“, das Michael Rump-Räuber leitet. In Berlin steht pro Bezirk ein Pädagoge zur Verfügung, der bei rechtsextremen und rassistischen Vorfällen an Schulen zu Rate gezogen werden kann. Allerdings wird diese Aufgabe nur mit zwei Stunden pro Woche vergütet, die reale Arbeitsbelastung liegt laut Rump-Räuber bei sechs bis acht Stunden. „Wir sind aber zufrieden, dass wir das Projekt über drei Jahre halten konnten.“

Seit 2001 sind 90 Berliner Lehrkräfte im Umgang mit Rechtsextremismus ausgebildet worden. In einigen Bezirken wurden Netzwerke über die Schulen hinaus geknüpft, wie in Marzahn-Hellersdorf das SchülerInnen-Netzwerk MuT. Auch im kommenden Jahr wollen die Standpunkt-PädagogInnen am Aufbau stadtteilweiter Netzwerke arbeiten. Besonderes Augenmerk verdienten dabei die Problembezirke Treptow-Köpenick, Neukölln und Reinickendorf.

Wenige der gegenwärtigen Projektangebote richten sich an Grundschulen, auch wenn rassistische Einstellungen sich bereits dort zeigen. Diese äußern sich nicht nur zwischen Kindern deutscher und nichtdeutscher Herkunft. „Wir haben an den Schulen bereits früh eine steigende Konfliktintensität, die sich auch in Rechtsextremismus äußert“, sagt der Integrationsbeauftragte des Landes Berlin, Günter Piening. Verstärkt würden auch antisemitische Äußerungen von Kindern arabischer Herkunft und Homophobie laut.

JUTTA BLUME