Die Uckermark bleibt sauber

Bauern im nördlichen Brandenburg schaffen per Selbstverpflichtung die größte gentechnikfreie Region Deutschlands. Renate Künast hält das für den besten Weg

BERLIN taz ■ Eine grüne Endmoräne, das Biosphärenreservat „Schorfheide“, der Nationalpark „Unteres Odertal“ – bislang wurde die Uckermark im Nordosten Brandenburgs allenfalls als touristisches Ziel von Naturfreunden wahrgenommen. Das könnte sich ändern. Hier, wo 60 Prozent der Fläche landwirtschaftlich genutzt werden, liegt der Grundstein für eine Form jener Landwirtschaft, die künftig neu sein wird: der gentechnikfreien. Weil Pollenflug auf Gesetzestexte keine Rücksicht nimmt, hilft gegen Verunreinigung nämlich praktisch nur eins: große zusammenhängende Flächen frei von veränderten Organismen.

Vergangene Woche unterzeichneten deshalb 21 biologisch und konventionell wirtschaftende Betriebe der Uckermark eine Selbstverpflichtung, nach der auf den Anbau gentechnisch veränderter Organismen (GVOs) verzichtet wird. 12.500 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche – umgeben von ausgedehnten Wald- und Wasserflächen – werden so (zumindest in hohem Maße theoretisch) frei bleiben von der Genlandwirtschaft. Mit insgesamt 50.000 Hektar Fläche ist die Uckermark damit Deutschlands größtes zusammenhängendes gentechnikfreies Gebiet.

„Gentechnisch veränderte Pflanzen gefährden die Artenvielfalt“, erklärt Professor Hartmut Vogtmann, Präsident des Bundesamtes für Naturschutz. Die Landwirte minimierten deshalb die Gefahr, dass „in ökologisch wertvollen Gebieten Schäden in Flora und Fauna auftreten“. Erst jüngst wies eine britische Langzeitstudie einen Zusammenhang zwischen dem Anbau von genmanipulierten Zuckerrüben und Raps und einem Rückgang der Artenvielfalt nach. Dabei hatten die Bauern das nun nicht gerade im Kopf. „Die Absatzchancen für garantiert gentechnikfreie Produkte werden künftig als sehr gut prognostiziert“, sagt Guido Nischwitz vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung.

Die Uckermark ist nicht die einzige gentechnikfreie Region in Deutschland. Schon in der Rhön und in Mecklenburg-Vorpommern gibt es Gebiete, die – ebenfalls durch eine Selbstverpflichtung – gentechnikfrei bleiben wollen. In Baden-Würtemberg bemüht sich eine Initiative seit längerem mit einem umfangreichen Vertragswerk, dem Uckermärker Beispiel zu folgen.

Bundesverbraucherministerin Renate Künast begrüßte gestern derlei Initiativen ausdrücklich: „Die Bauern haben jetzt noch Zeit, Dinge, die sie nicht wollen, zu verbannen.“ Unklar ist allerdings, ob derlei juristisch Bestand vor der EU haben wird. „Im vergangenen Jahr hatte sich das Bundesland Oberösterreich zur gentechnikfreien Zone erklärt“, sagt Heiner Petersen, einer der mitunterzeichnenden Bauern der Uckermark. „Allerdings haben die EU-Gerichte das für nichtig erklärt.“ NICK REIMER