zivildienst
: Es geht auch ohne Zwang

Das Ende ist nah. Und niemand kann sagen, er habe es nicht gewusst. Schon seit Jahren wird über die Abschaffung der Wehrpflicht und damit auch des zivilen Ersatzdienstes diskutiert. Seit noch längerer Zeit wird der Wehrdienst und damit auch der Zivildienst immer mehr verkürzt. Alle Dienststellen hatten also genügend Gelegenheit, sich auf die neue Lage einzustellen und die Umwandlung in ordentliche Arbeitsverhältnisse auszuprobieren. Die meisten Sozialeinrichtungen sind auch gut vorbereitet. Dass sie nun ihrerseits vom Staat verlässliche Daten und damit Planungssicherheit fordern, ist völlig berechtigt.

KOMMENTAR VON CHRISTIAN RATH

Trotzdem sprechen nun manche Dienststellen von einer drohenden „Kostenlawine“. Da entsteht leicht der Eindruck, die Katastrophenszenarien dienten vor allem dazu, mehr Geld für die eigenen Projekte einzufordern.

Die Zentralstelle für den Schutz der Kriegsdienstverweigerer hat vorgerechnet, dass mit den Mitteln, die heute für drei Zivildienstleistende zur Verfügung stehen, auch zwei angelernte Hilfskräfte in normalen Jobs bezahlt werden können. Und da diese – anders als „Zivis“ – nicht ständig neu angelernt werden müssen, sind sie im Ergebnis vermutlich effizienter. Zugleich würden auch die Sozialkassen durch die so entstehenden Jobs für gering Qualifizierte entlastet.

Auf hohe Zusatzkosten kommt nur, wer Zivis durch voll ausgebildete Pflegekräfte ersetzen will. Laut Gesetz und nach allen Beteuerungen der Dienststellen werden Zivis aber bereits bisher nicht anstelle von voll qualifizierten Kräften eingesetzt, sondern nur zu deren Ergänzung.

Kaum mehr als eine Ergänzung wird auch künftig das freiwillige soziale Jahr sein. Selbst wenn Anreize wie Taschengeld oder Vorteile bei der Bewerbung um Studienplätze erhöht werden, würden Freiwillige wohl kaum den jetzigen Zivildienst vollständig ersetzen können. Wer sich darauf verlässt, verzögert den Strukturwandel.

Auch ein sozialer Pflichtdienst für junge Frauen und Männer ist keine Alternative. Wer volljährig ist, hat ein Recht, selbst zu bestimmen, welche Erfahrungen er oder sie machen möchte. Ein obligatorisches Sozialjahr ist genauso verfassungswidrig wie eine staatliche Pflicht zum Frühsport. Bloße Kostengründe könnten einen Zwangsdienst ohnehin nicht rechtfertigen. Zwangsarbeit ist im demokratischen Rechtsstaat keine Option – auch und erst recht nicht, wenn es um soziale Dienstleistungen geht.

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