Klimawandel

SPD-Kultursenatorinnen-Kandidatin Isabella Vértes-Schütter hält die stetige Finanzdebatte für kontraproduktiv und plädiert für mehr Dialog

von Petra Schellen

Sie hat etliche Kultur-Kämpfe miterlebt und den Klimawandel der letzten Jahre nicht geschätzt. Deshalb fand sie, dass sie nicht kneifen dürfe, wenn sie von der SPD um die Kultursenatorinnen-Kandidatur gebeten würde. Das hat Isabella Vértes-Schütter auch nicht getan. Und obwohl die Intendantin des Ernst Deutsch Theaters keine Patentrezepte hat, liegt ihr die Hamburger Kultur mehr am Herzen als den derzeit Herrschenden.

taz: Lauscht man den Worten Dana Horákovás, läuft hier in puncto Kultur alles bestens. Wie möchten Sie das übertreffen?

Isabella Vértes-Schütter: Es läuft nicht bestens. Das Klima hat sich stark verändert, da den Kulturschaffenden in Hamburg vom Senat nicht die nötige Wertschätzung entgegengebracht wird. Die Suche nach glanzvollen Events von außen wirkt auf sie wie ein Schlag ins Gesicht. Ich denke an die Kürzungen bei den Geschichtswerkstätten oder an den Umgang mit Ingo Metzmacher und Tom Stromberg.

Welche Änderungen würden Sie konkret vornehmen?

Mit mir würde keine Geschichtswerkstatt geschlossen. Diese Einrichtungen sind wichtiger Bestandteil der kulturellen Bildung. Weiteres Thema: die Hafencity. Da gab es von Anfang an ein Defizit bezüglich der Kulturverträglichkeit. Hier könnte man Künstler stärker einbeziehen – in Form von Projekten, Ateliers oder Installationen im öffentlichen Raum.

Apropos Kunst im öffentlichen Raum: Nähmen Sie die 50-prozentige Kürzung der diesbezüglichen Mittel wieder zurück?

Es ist immer die Frage, welche Konzepte man hier entwickelt. Der öffentliche Raum ist etwas sehr Kostbares. Es hat aber keinen Sinn, hier voreilige Versprechungen zu machen.

Welche weiteren Projekte würden Sie initiieren?

Durch die Abschaffung des Musikfests entstünde ein Vakuum in der Wahrnehmung zeitgenössischer Musik. Es wäre zu überlegen, mit welchem Konzept hier Neues entstehen könnte. Ein regelmäßiges Forum für zeitgenössische Musik sollte es jedenfalls künftig geben.

In einem SPD-Senat soll der Kulturhaushalt um 1,5 Prozent stärker steigen als der Gesamthaushalt. Könnte dieses Geld den Museen, die 2003 rund 16 Prozent weniger Besucher hatten, zugute kommen? Und ist das Stiftungsmodell, das die Museen zum Erwirtschaften eines hohen Eigenanteils verpflichtet, gescheitert?

Das Stiftungsmodell ist ganz sicher nicht gescheitert. Alle Kultureinrichtugen haben derzeit Finanznöte, aber in Hamburg kommt ein hausgemachtes Imageproblem dazu. Denn wenn eine Senatorin immer über Geld statt über Inhalte redet, dann beinflusst das die Bürger. Ich würde viel stärker für die Institutionen werben – sowohl innerhalb Hamburgs als auch überregional. Dazu gehört für mich auch die Bewerbung Hamburgs als Kulturhauptstadt 2010.

Sprechen wir über die Theater: Halten Sie eine Reform der Subventionsstrukturen der Staats- und Privattheater für nötig? Strittig bleibt ja das Ungleichgewicht zwischen Schauspielhaus und Thalia. Das stetige Argument ist ja, dies sei historisch gewachsen.

Für das Thalia hat eine Anhebung stattgefunden, und dass den Staatstheatern jetzt wieder die Tarifsteigerungen finanziert werden, ist ein erster Schritt. Die Privattheater sind alle an einer Grenze angekommen. Ich habe mich immer gegen eine Entsolidarisierung ausgesprochen. Denn alle kämpfen, und eine Umverteilung bringt keine Lösung. Wenn aber kein Geld mehr für Neuerungen da ist, dann ist das bedauerlich. Der Fördertopf für Privattheater, der um 50 Prozent gekürzt wurde, sollte wieder aufgestockt werden, um Projekte stärker fördern zu können.

Sie erwähnten den Umgang mit Intendanten: Wie bewerten Sie die künstlerische Entwicklung des Schauspielhauses?

Ich schätze die Arbeit, die geleistet wurde und bedauere, dass das in dieser Stadt nicht angenommen wurde. Das Hamburger Publikum reagiert zögerlich auf Neuerungen. Ich glaube außerdem, dass das Schauspielhaus mit größerem Rückhalt für Herrn Stromberg heute anders dastünde.

Hätten Sie als Senatorin Herrn Stromberg und Herrn Metzmacher gehalten?

Ich war nicht der Situation, das entscheiden zu müssen. Ich hätte es aber versucht. Ich freue mich aber auch auf Herrn Schirmer, der spannendes Theater macht, und auf Frau Young, die eine großartige Dirigentin ist.