Frickeliger Headbanging-Jazz

Konzert im Schlachthof: Das Weilheimer Tied & Tickled Trio gastierte als Big Band

Zu dritt war das Tied & Tickled Trio noch nie. Mittlerweile ist das Weilheimer Jazz-Projekt um die Acher-Brüder Micha und Markus (bekannt u.a. von The Notwist) sogar zur neunköpfigen Big Band angewachsen.

Und der Jazz ist gegenüber der avanciert frickeligen Elektronik dominant geworden. Ausgefeilte Kompositionen und Bläser-Arrangements sind an die Stelle der früheren Sound-Skizzen getreten. So bleiben nur noch bedingt Freiräume für Improvisationen. Im Grunde beschränken sie sich auf die knappen Solo-Statements der vierköpfigen Bläsersektion.

Posaunist Gerhard Gschlößl bearbeitet sein Instrument an einer Stelle derart, dass es wie Mike Ratledges Orgel-Soli bei Soft Machine klingt. Die alten Prog-Rock-Haudegen sind ohnehin eine gute Referenz für den Mix aus Jazz, Rock und Elektronik. Das Tied & Tickled Ensemble kultiviert diese Melange mittlerweile seit acht Jahren.

Solche Stilmixturen verhalten sich häufig wie Öl und Wasser. Die Weilheimer haben aber inzwischen eine derart zwingende Synthese etabliert, dass sie einigermaßen konkurrenzlos dastehen. Das mag mit den unterschiedlichen Hintergründen der Musiker zusammenhängen: gestandene Jazzer einerseits, Indie-Rocker andererseits, die mit den Jahren eine Affinität für elektronische Musik und 60er-Jahre-Jazz entwickelt haben.

Es wird auch nicht alles um jeden Preis gemixt. Die häufigen Dub-Instrumental-Einlagen stehen unversöhnlich neben den Jazz-Kompositionen und sorgen für eine spezielle Dynamik. Da tauscht dann auch Bandleader Micha Acher die Trompete gegen den E-Bass und rockt headbangend das Haus, sofern das bei einem sitzenden, aber begeisterten Publikum möglich ist.

DIETER WIENE