Irans Präsident Chamenei gerät in die Kritik

Das Innenministerium bezeichnet den Ausschluss von Reformkandidaten von der Wahl durch den Wächterrat als illegal

BERLIN taz ■ Der Sitzstreik der Abgeordneten der Reformfraktion im iranischen Parlament dauert weiter an. Die Parlamentarier fordern die Rücknahme der Entscheidung des Wächterrats, der mehrere tausend Bewerber für die Parlamentswahl am 20. Februar zurückgewiesen hat. Laut Angaben des Innenministeriums haben die Wahlausschüsse 44,2 Prozent oder 3.605 der insgesamt 8.157 Bewerberinnen und Bewerber von der Teilnahme ausgeschlossen. Diese Kandidaten hätten ihre Eignung, das Volk zu vertreten, nicht oder nicht ausreichend nachweisen können, erklärte der Wächterrat.

Das Innenministerium, das von Reformern geführt wird, nannte die Argumente des Wächterrats „absurd“. Eine Ablehnung könne nur erfolgen, wenn dafür ausreichende Gründe vorliegen. Daher seien die Ablehnungen „illegal“.

Zahlreiche Politiker, Journalisten und Intellektuelle, Frauen- und Studentenverbände unterstützen die Forderungen der Parlamentarier. Viele fordern die Streikenden auf, ihren Kampf fortzusetzen und diesmal keine Kompromisse einzugehen. Auf einer Kundgebung der Moscharekat-Partei, die größte Organisation der Reformer, sagte der Geistliche Mohsen Kadivar, die Ablehnung der Kandidaten sei keine alleinige Entscheidung des Wächterrats. Die Verantwortung trügen jene, die die Mitglieder des Rats ernannt haben. „Ich teile nicht die Meinung des Präsidenten [Chatami] und des Parlamentspräsidenten [Karrubi], dass die oberste Führung über den Konflikt unglücklich ist“, fügte Kadivar hinzu. Auch andere Redner richteten ihre Angriffe gegen Revolutionsführer Ali Chamenei.

Neben 28 Provinzgouverneuren, die mit ihrem Rücktritt gedroht haben, bekunden auch Mitglieder der Regierung ihre Solidarität mit den Streikenden. Vizestaatspräsident Mohammed Sattarifar sagte, eine Regierung, die keine freien Wahlen garantieren könne, verliere ihre Legitimität und ihre Funktion. Daher sei es gleichgültig, ob sie zurücktreten würde oder nicht.

BAHMAN NIRUMAND

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