Lettland im Visier

Nach jüngster Zählung leben in der Hauptstadt Lettlands 744.631 Menschen, das ist ein Drittel aller Einwohner des 1991 von der Sowjetunion unabhängig gewordenen Staates, der etwas kleiner als das Bundesland Baden-Württemberg ist.

Vierzig Prozent Lettlands sind von Wäldern bedeckt. Der bedeutendste Fluss ist die Daugava, die in Russland entspringt und an der auch Riga liegt.

57,8 Prozent der Rigaer sind Letten, 29,5 Prozent Russen. Riga war bis 1939 keine mehrheitlich lettische Stadt. Kulturell ist sie bis zur Okkupation durch die Roten Armee und kurz darauf durch die Wehrmacht eine seit dem Mittelalter deutsch und jüdisch geprägte Metropole gewesen; das Gros der Letten lebte auf dem Land.

Einzige Staatssprache ist Lettisch; die Staatsangehörigkeit (und das Wahlrecht) erhält nur, wer einen staatsbürgerkundlichen sowie einem Sprachtest besteht. Die meisten russischen Letten haben sich diesen Prüfungen nicht unterzogen.

In diesem Herbst findet in Lettland ein Referendum über die Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU) statt. Wird (erwartungsgemäß) mehrheitlich mit Ja votiert, ist das Land ab Mai 2004 Mitglied der EU. Die politische Elite des Landes verspricht sich von der Mitgliedschaft drei Effekte: Anschluss an die ökonomische Moderne, massives Interesse von Investoren für Wiederaufbau und Bewirtschaftung des Landes sowie Schutz vor dem mächtigen Nachbarn Russland.

Der Sieg der russischstämmigen Sängerin Marie N bei der Eurovision im Vorjahr hat der drohenden Kosten wegen einen Schock ausgelöst, andererseits aber den Ehrgeiz geweckt, sich mit der quotenstärksten europäischen Liveveranstaltung als professioneller Gastgeber zu präsentieren. Damit niemand mehr, so Bertolt Flick, Chef der lettischen Fluglinie Baltic Air, sagen könne: „Lettland? Keine Ahnung, wo das liegt!“

Insofern hat Lettland – wie sein nördlicher Nachbar Estland im Jahr zuvor – ein Gros seines Budgets für Tourismuswerbung und TV-Marketing (sechs Millionen Euro) für die Finanzierung des Grand Prix Eurovision am 24. Mai 2003 in Riga freigegeben.

Gerüchte über einen möglichen Rückzug von dieser Veranstaltung mangels Geldes verweist Arvids Babris, TV-Produzent des lettischen Fernsehens LTV, ins Märchenreich: „Wir waren verwirrt, weil wir uns keinen Reim darauf machen konnten, wer dies verbreitet hat. Die Planungen laufen akkurat.“ JAF