Irak gibt Blix’ Forderung nach

Die irakische Regierung hat angekündigt, heute mit der von den UN-Inspektoren geforderten Vernichtung der Al-Samud-2-Raketen zu beginnen. Deutschland und Frankreich freuen sich, die US-Regierung zeigt sich völlig unbeeindruckt

von BERND PICKERT

Die irakische Regierung hat sich „prinzipiell einverstanden“ erklärt, mit der Zerstörung der Raketen vom Typ al-Samud 2 zu beginnen. Ein entsprechendes Schreiben des irakischen Präsidentenberaters Amir al-Saadi sei der UN-Kontrollkommission im Irak (Unmovic) zugegangen, bestätigte am Donnerstagabend das Büro des Chefinspekteurs Hans Blix in New York. Damit scheint die irakische Regierung bereit, Blix’ Forderung zu erfüllen, bis zum heutigen 1. März mit der Verschrottung der Raketen zu beginnen.

Raketen dieses Typs, deren Existenz der Irak auch in seinem Report an den Weltsicherheitsrat offen gelegt hatte, waren in Tests weiter als die von den Vereinten Nationen erlaubten 150 Kilometer geflogen. Der Irak hatte das damit zu begründen versucht, dass die getesteten Raketen ohne Sprengkopf leichter und nicht mit einem Leitsystem ausgestattet seien und daher manchmal ein paar Kilometer weiter flögen.

Noch im Interview mit dem News-Anchorman des US-Fernsehsenders CBS hatte Iraks Staatschef Saddam Hussein diese Woche erklärt, der Irak verfüge gar nicht über Raketen mit einer größeren Reichweite als der erlaubten, müsse also auch nichts zerstören.

Dennoch hatten die meisten Beobachter, genau wie Bundesaußenminister Joschka Fischer, mit einem Einlenken des Irak gerechnet. Offensichtlich überwiegt das Interesse, den USA keinen Vorwand zu einem Krieg zu liefern und dem Sicherheitsrat keinen Grund zu geben, wie von den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Spanien gefordert die Kooperationsunwilligkeit festzustellen. In einem weiteren schriftlichen Bericht an den Sicherheitsrat, der in den vergangenen Tagen in Auszügen durchgesickert war und gestern übergeben werden sollte, hat Chefinspekteur Blix dem Irak bereits ein „sehr eingeschränktes“ Eingehen auf die Kooperationsanforderungen der Inspekteure attestiert. „Es ist schwer zu verstehen, warum eine Reihe von Schritten, die jetzt unternommen wurden, nicht schon viel früher eingeleitet worden sind“, schreibt Blix laut New York Times.

Joschka Fischer und sein französischer Amtskollege Dominique de Villepin begrüßten den Schritt des Irak. Der gesamte Vorgang zeige, dass die Inspektionen immer besser dazu in der Lage seien, ihr Ziel zu erreichen. Es gebe, so Fischer, überhaupt keinen Grund, dieses erfolgreiche Vorgehen jetzt abzubrechen.

Ganz anders reagierte hingegen die US-Regierung. „Die Raketen sind lediglich die Spitze des Eisberges“ erklärte US-Präsident George W. Bush. „Es geht hier ausschließlich um die totale, vollständige Abrüstung, und die verweigert er [Saddam Hussein]“, sagte Bush in Anwesenheit des afghanischen Interimspräsidenten Hamid Karsai in Washington.

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte, er könne nicht erkennen, dass sich am Verhalten der irakischen Regierung irgendetwas geändert hätte. „Genau so geht das schon seit Jahren“, sagte Rumsfeld in Washington. Erst verweigere Bagdad die Zusammenarbeit und bestreite, irgendetwas Verbotenes zu besitzen, dann lenke die Regierung plötzlich ein, immer im letzten Augenblick. Schon zuvor hatte US-Außenminister Colin Powell eine Verschrottung der Raketen als „irrelevant“ bezeichnet.

In einer Rede am Mittwochabend hatte Bush seine „Vision“ für die Zukunft des Nahen Ostens erläutert. Der Irak solle nach einem Krieg ein blühendes Beispiel für Demokratie werden. Von Massenvernichtungswaffen, deren Abschaffung oder der Erfüllung von UN-Forderungen sprach Bush nicht.

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