Als multiple Persönlichkeit auf die rote Couch

„Plöte Plumen“, das neue Programm der Kölner Kabarettistin Rosa K. Wirtz, bleibt zu einem großen Teil auf der Klischee-Strecke. Es handelt sich um den Versuch, die geheimnisvollen Wege eines Frauenbetriebs zu ergründen

Warum immer Flamenco? Warum immer noch Gianna Nannini? Warum immer wieder Erleuchtung, Faltencreme und Rückholtherapie? Warum denn Vermummung, obwohl das Vermummungsverbot doch nun längst aus dem gesellschaftlichen Gedächtnis in die Annalen entschwunden ist?

Sicherlich würde man Rosa K. Wirtz Unrecht tun, sie zu den Trivialtäterinnen im Frauenkabarett zu zählen. Der Humor der Kölnerin war oft zu schroff, schnoddrig, oft doppelbödig wie Literatur. Ihr neues Programm „Plöte Plumen“, das jetzt im Kölner Atelier-Theater Premiere hatte, bleibt allerdings größtenteils auf der Klischee-Strecke. Es geht um „Wenn Frauen zu sehr arbeiten“.

Das ist durchaus subtil zu verstehen: Frauen benutzen in der Arbeit die ihnen verpönten und ungeeigneten Mechanismen der Männergesellschaft im Rollenreflex, um dann als multiple Persönlichkeiten auf der roten Couch zu landen. Da gibt es Lilla, die Chefin sein will, aber in ihrer Blümchenromantik untergeht, die rüde Macho-Frau Jaja und die schrullige Eso-Tante Flora. Wer es weiß, der erkennt im Kampf dieser Psychogramme den Versuch, die geheimnisvollen Wege eines komplexgestörten Frauenbetriebs zu ergründen.

In diesem Fall geht es um das Atelier-Theater. Nicht uninteressant also. Und den Hauch einer originellen Dialektik zeigen Sätze wie: „Die Welt kann mich nicht kränken, krank machen kann ich mich selbst“.

Auch Super 8-Filme, in denen Wirtz als wild gewordenes Blumenmädchen ihre latente Aggression in einer Splatter-Sequenz an gelben Blumen auslässt, lassen eine knallige Anarchie erkennen. Ein Kunstgriff, der sich an bekannten Klischees reibt, um sie aber originell kabarettistisch zu zertrümmern.

Das sind Lichtblicke in einem weitgehend halbgaren, pointenarmen Programm, das Wirtz nur bedingt durch ihre schauspielerische Klasse retten kann. Frappierend sind die seit Jahren immer wiederkehrenden Themen, und noch schlimmer, deren einfallslose Umsetzung. Kabarett funktioniert im gesellschaftlichen Reizreflex. Ist also die Zeit stehen geblieben oder altert das Kabarett schlicht mit seinen Künstlern und seinem Publikum, um irgendwann endgültig mausetot zu sein?

Interessieren wird das dann höchstens den letzten Mohikaner des romantischen Kulturbegriffs. Denn auf Bildung, ja Bildung, bilden sich doch nur die noch was ein, die glauben, die RTL-Mafia würde sich irgendwann läutern und doch noch zu Arte werden. Muss Kabarett heute nicht etwa mit der Zeit, sondern mit der Käseglocke des Alters gehen, um noch irgendwie da zu sein? Die Antwort ist: Nein. Es geht ja anders: Wirtz im schönsten Satz des Abends: „Currywurst mit Pommes? Versteh‘ ich nicht.“ INGO PETZ