amnesty klagt Kölner Polizei an

Im neuen Jahresbericht von amnesty international geht es auch um den „Fall Herrmann“. Mehrere Polizisten sollen den Klagemauer-Aktivisten misshandelt haben. Am Montag beginnt der Prozess

Eine Woche lang musste Walter Herrmann wegen schwerer Verletzungen stationär behandelt werden

VON FRANK ÜBERALL

Köln hat mal wieder traurige Berühmtheit erlangt. Im aktuellen Jahresbericht von amnesty international, der gestern in Berlin der Presse vorgestellt wurde, nimmt die rheinische Metropole einen zweifelhaften Spitzenplatz ein (siehe Kasten). Ein Verfahren wird für besonders viel Aufsehen sorgen. Ab Montag stehen drei Polizeibeamte vor dem Kölner Amtsgericht, weil sie den Klagemauer-Initiator Walter Herrmann misshandelt haben sollen.

Herrmann hat seine Erlebnisse vom September 2001 detailliert im Internet (www.altefeuerwache.de) dokumentiert. Er hatte sich mit Gauklern auf der Hohe Straße gestritten, weil sie Kinder mit Luftballons anlockten, die die Eltern dann bezahlen sollten. Die Polizei untersagte ihm diese Meinungsäußerung und nahm ihn fest, wogegen sich Herrmann wehrte. In der Zelle soll Herrmann zu Boden geworfen worden sein. Während die Beamten seine Arme verdrehten, lag er nach eigener Erinnerung auf dem Bauch: „Nach etwa drei Minuten brach mit einem Knacks mein Nasenbein und aus dem aufgebrochenen Nasenrücken ergoss sich eine Menge Blut.“ Die Polizisten hätten zunächst nicht einmal einen Arzt gerufen, protokollierte Herrmann. Einer habe ihm sogar gesagt: „So endet es mit jedem, der nicht lieb ist.“

Amnesty International schildert den Fall in seinem Bericht ähnlich. Ein Polizist habe den 62-Jährigen „an den Ohren gedreht und ihm in die Hoden gekniffen“. Herrmann habe sich mehrfache Verletzungen zugezogen und wurde von der Polizei später ins Krankenhaus eingeliefert. Eine Woche lang musste er stationär behandelt werden. Laut Gutachten des Evangelischen Krankenhauses Kalk stellten die Ärzte ein Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades, eine Schädelprellung, eine offene Nasenbeinfraktur, eine Thoraxprellung sowie einen Bruch der siebten Rippe fest. Außerdem klagte Herrmann über Schwellungen und Prellungen am linken Unterarm.

Nach dem Vorfall erstattete die Polizei Anzeige gegen Herrmann wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Der „politisch-sozial engagierte Mann“ (amnesty international) soll so heftigen Widerstand geleistet haben, dass auch Beamte verletzt wurden. Eine Darstellung, der die Staatsanwaltschaft offenbar keinen uneingeschränkten Glauben schenkt. Denn die Anklage gegen die drei beschuldigten Polizisten geht davon aus, dass die Beamten sich eben nicht richtig verhalten haben. Ein gutes Dutzend Zeugen soll ab nächste Woche Licht in den Fall bringen.

Für amnesty international ist der Fall Herrmann exemplarisch, weil er zeigt, wie langwierig Ermittlungen gegen Polizisten sein können. Außerdem beklagt die Organisation, dass Verletzte von der Behörde oft mit Gegenanzeigen überzogen werden, um ihren Vorwürfen auf diese Weise die Glaubwürdigkeit zu nehmen. Als Folge fordert amnesty eine zentrale Datei, in der mutmaßliche Misshandlungen durch die deutsche Polizei dokumentiert werden.