Ein Kampf ums Überleben

Während Frauen bei der Brustkrebsbehandlung beste Qualität einfordern, versuchen vor allem kleine Bremer Krankenhäuser, strenge Kriterien zu unterwandern. Sie fürchten um ihre Frauenstationen, denen ohne Krebs-OPs die Schließung drohen könnte

bremen taz ■ Im Februar kommt es zum Showdown. Dann wollen Krankenkassen und Bremer Krankenhäuser die Qualität der Brustkrebsbehandlung festklopfen. Es geht um das Geschäft von morgen, um die Fragen: Wie gut und erfahren muss ein Chirurg sein, um für sein Haus Brustkrebsbehandlungen einzuwerben, deren Qualität als gesichert gilt? Wie viele unabhängige Experten begutachten die Röntgenbilder, um Fehler zu vermeiden? Kurzum: Welche Standards muss eine Klinik erfüllen, um langfristig Krebs-Patientinnen gut zu behandeln. Wofür genau soll es also Geld geben?

„Tatsächlich geht es zurzeit um die Frage, welche Frauenstationen mittelfristig schließen müssen“, erklären Gesundheitsexperten den Kampf hinter den Kulissen. Wo früher der gute Leumund der Entbindungsstation den Fortbestand der Gynäkologiestation sicherte, ist es heute der der Brustkrebsbehandlung. Doch genau an der Qualitätsschraube dieser Behandlung drehen jetzt die Bremer Kliniken – um ihr Überleben zu sichern. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Bremen die scharfen, vom EU-Parlament empfohlenen Eusoma-Kritierien zur Brustkrebsbehandlung nicht anwenden will. Stattdessen haben findige Köpfe Wege ersonnen, um die verabredeten lascheren Kritierien der Deutschen Krebsgesellschaft zusätzlich zu verwässern. Das jedenfalls geht aus Schreiben der Krankenhausgesellschaft hervor, die der taz vorliegen.

Die Bremer Europa-Abgeordnete Karin Jöns (SPD) ist über diese Entwicklung entsetzt. Sie fürchtet, „dass dann alles beim Alten bleibt.“ Gegen schlechte Versorgung allerdings kämpft die Politikerin, die zugleich nationale Präsidentin der Europäischen Koalition gegen Brustkrebs ist, seit Jahren. Aus der Sicht von Jöns deutet alles darauf hin, „dass es bei den laufenden Verhandlungen zwischen Krankenhäusern, Krankenkassen und Ärzten in erster Linie ums Geld geht und nicht um die von der Bundesregierung und der EU angestrebte Qualitätsverbesserung.“ Das fürchten auch Kassenvertreter – mit denen die für die kommunalen Krankenhäuser zuständige Gesundheitssenatorin nun sprechen will.

Für den Fall, dass sich die Krankenhausgesellschaft hinter die Interessen kleiner Kliniken stellt, die die Qualität nicht gewährleisten können, weil sie gar nicht die nötige Fallzahl operieren, drohen die Kassen schon: „Wir müssen ja nicht mit der Krankenhausgesellschaft abschließen.“ Sie könnten auch nur mit einzelnen Kliniken Verträge machen. Mit dabei wären sicher das Klinikum Mitte und das Links der Weser. In diesen beiden Häusern wird die größte Zahl der jährlich rund 450 Brustkrebsneuerkrankten operiert. Sie garantieren Fallzahlen über 100 und festgelegte Organisationsabläufe. „Wir werden ja sehen, ob sich Qualität so nicht doch durchsetzt“, sagen Kassenleute.

Die Versicherer hoffen dabei auf die Einsicht der Patientin. Sie müsste sich freiwillig ins Programm zur „strukturierten Brustkrebsbehandlung“ einschreiben(auch Disease-Management-Programm, DMP, genannt). Dafür garantiert man ihr einen Kanon qualitätsgesicherter Leistungen, erstmals auch psychologische Beratung. Weiterer Vorteil: Ambulante, stationäre und Nachsorgeeinheiten kooperieren. So werden Doppelbehandlung und Fehler an Schnittstellen minimiert. Doch auch für Krankenkasssen lohnt sich jede DMP-Patientin. Für diese besonders teuren chronisch Kranken fließen mehrere tausend Euro aus dem Risikostrukturausgleich. Eva Rhode