Tschechiens Kommunisten für Václav Klaus

Auch einige Sozialdemokraten stimmten für den EU-Skeptiker. Regierungskoalition in Bedrängnis

PRAG taz ■ Das tschechische Parlament hat am Freitagabend Václav Klaus zum Präsidenten des Landes gekürt. Dank zerstrittener Sozialdemokraten und mit Unterstützung der Kommunisten gelang es dem erzkonservativen Václav Klaus, mit einer Stimme Mehrheit überraschenderweise doch noch Nachfolger Václav Havels zu werden. Mit der erfolgten Wahl eines Präsidenten im Parlament wurde zudem eine Verfassungsänderung, die Direktwahlen für das Amt des Präsidenten möglich gemacht hätte, vermieden.

Den Anhänger eines neoliberalen Kapitalismus störte die Allianz mit den von Havel ignorierten Kommunisten offenbar wenig. Für die Genossen andererseits ist der 1997 wegen einer Parteispendenaffäre gestürzte Klaus akzeptabel, weil er in ihren Augen das kleinere Übel ist. Schließlich lehnt er wie sie selbst die deutsch-tschechische Verständigung ab, spricht sich wie sie gegen eine schnelle europäische Integration aus und kritisiert sogar eine zu servile Haltung Prags gegenüber den USA.

Seine nationalistisch-populistischen Positionen gegenüber dem „Geist des deutschen Revanchismus“ und seine Warnung, Tschechien käme als ein zweitklassiges Mitglied in die EU, brachten ihm und seiner Partei, der konservativen ODS, bei den Wahlen im letzten Jahr zwar nur wenige Stimmen ein. Doch mit seiner Wahl als Präsident konnte er ins Rampenlicht zurückkommen. Entscheidentd dafür ist, dass die regierenden Sozialdemokraten intern zerstritten sind. Die alte Garde um den bulligen Exministerpräsidenten Zeman steht gegen die neue sozialdemokratische Elite um Vladimír Špidla, Parteichef und Ministerpräsident. Um Špidla zu schwächen, hat ein gutes Drittel der sozialdemokratischen Abgeordneten gegen den Kandidaten der Regierungskoalition, Jan Sokol, gestimmt. Die Abweichler wollen offenbar mit allen Mitteln die Wiederwahl ihres Parteichefs beim Parteikongress Ende März verhindern.

Die sozialliberale Regierungskoalition hat im Abgeordnetenhaus gerade einmal eine Stimme Mehrheit. Möglich, dass auf diesem Hintergrund der Wahlmarathon, den die Tschechische Republik seit Beginn dieses Jahres durchläuft, noch nicht ausgestanden ist. ULRIKE BRAUN