Erwin richtet Baustellen in Düsseldorf an

Der Düsseldorfer Oberbürgermeister verspricht hunderte von Wolkenkratzern für die Landeshauptstadt. Luftschneisen werden zugebaut, historische Gebäude abgerissen, Grünflächen und Bäume fehlen völlig

DÜSSELDORF taz ■ Nach dem Wahljahr 2004 wird die Landeshauptstadt nicht wiederzuerkennen sein: Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) will vor der Oberbürgermeisterwahl im September zahlreiche Wolkenkratzer in Düsseldorf „strahlen sehen.“ „Ich bin nicht bauwütig“, sagte Erwin beim Neujahrsempfang der Immobilienwirtschaft in dieser Woche. „Ich will nur nicht, dass wir in der desolaten Lage anderer Städte verharren.“

Die „andere Stadt“ ist für Erwin vor allem die Bankenmetropole Frankfurt, mit der er sich gerne vergleicht. Deshalb plant der CDUler vor allem in die Höhe: An der Mercedesstraße in Derendorf soll ein knapp 180 Meter hohes Bürogebäude aus Glas entstehen, im Hafen wird ein 19-geschossiger Wolkenkratzer für einen „Business Club“ und zahlungskräftige MieterInnen hochgezogen. Für seine gigantomanischen Pläne lässt Erwin auch schon einmal denkmalgeschütztes Gebäudes aus dem 19. Jahrhundert in Glasfassaden verschwinden: Das Postgebäude am Graf-Adolf-Platz in der Innenstadt soll in diesem Herbst von einem „gläsernen Ellipsoid“ umschlossen werden. Auch das derzeit höchste Gebäude der Stadt entstand in Erwins Amtszeit: Der 125 Meter hohe ARAG-Bau am Mörsenbroicher Ei.

„Erwin hat eine irre Bauwut“, sagt die grüne Fraktionssprecherin Marion Enke. Seine Baupläne würden ihr Bauchschmerzen bereiten. „Düsseldorf wird wie ein ausgelutschtes Wohnzimmer komplett neu möbliert.“ Alte Strukturen und stadtbildprägende Gebäude würden über Nacht abgerissen, wie das ehemalige Städtebauministerium aus dem 19. Jahrhundert. „Erwin verändert schleichend den Charakter unserer historischen Straßen.“

Auch UmweltschützerInnen haben Bauchschmerzen. „Die Hochhausplände von Erwin sind größenwahnsinnig“, sagt Dirk Jansen, Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Düsseldorf. Der OB sei auf dem ökologischen Auge vollkommen blind: „Erwin zerstört die Freiluftschneisen der Stadt.“ Die zahlreichen Hochhäuser verbauten die großen Axen der Stadt, wie es zum Beispiel beim ARAG-Bau schon der Fall sei, sagt Jansen. Jeden Tag verpesteten 200.000 Pendler und Pendlerinnen die Luft der Landeshauptstadt. „Für diese Abgase brauchen wir die Luftschneisen unbedingt“, sagt Jansen. Erwins Stadtpläne seien absolut nicht „grün“. „Am neuen Hafen findet sich kein einziger Strauch, alles wird zugepflastert.“

Dabei ist gerade der Medienhafen Erwins ganzer Stolz. „Am Medienhafen passiert ganz viel“, sagt Sprecher Manfred Blasczyk. Besonders begeistert sei man aktuell über den Bau eines Ritz-Carlton-Hotels an der Königsallee. Der Breitenbacher Hof, das brachliegende Vorgänger-Hotel, solle nach Karneval abgerissen werden. „Dann haben wir eines der vier Ritz-Hotels in Europa“.

Auch die Leerstände in seinen Bürogebäuden können Erwin nicht von seinen Hochhausträumen abbringen. 820.000 Quadratmeter stehen in der Landeshauptstadt leer. Vor allem MieterInnen von alten Gebäude ziehen in die neuen Prachtbauten und hinterlassen leere Hallen.

ANNIKA JOERES