Geld wegwerfen leicht gemacht

Vor Gericht zeigt sich, wie schwer Mitverantwortlichen des Bankenskandals beizukommen ist. EinFondsmanager hatte erfolgreich gegen seine Kündigung geklagt. Jetzt kämpft er erneut um viel Geld

VON RICHARD ROTHER

Bei den einen – etwa auf dem Bau oder im Call Center – herrscht gnadenloses „hire and fire“, bei anderen genießen „Arbeitnehmer“ auch dann hohe Schutzrechte, wenn sie in leitender Stellung mehr als der Regierende Bürgermeister verdienen und finanziell folgenschwere Entscheidungen tragen. Der Prozess um die Kündigung eines Immobilienfondsmanagers der Bankgesellschaft, der gestern vor dem Landesarbeitsgericht stattfand, geriet so zu einem Lehrstück: darüber, wie schwierig es ist, Beteiligten des Bankenskandals juristisch beizukommen – und zwar sowohl straf- und zivil- als auch arbeitsrechtlich.

Diesmal also arbeitsrechtlich: Bereits in erster Instanz hatte Helmut M., ehemals Prokurist der IBG, einer Immobilientochter der Bankgesellschaft, mit einem sechsstelligen Jahresgehalt, erfolgreich gegen seine Kündigung geklagt. Die hatte seine Firma ausgesprochen, weil er als leitender kaufmännischer Angestellter an einer Entscheidung beteiligt war, die der Firma geschadet haben soll, genauer: die sie viel Geld kostete. Die Entscheidung spielte auch bei der gestrigen Berufungsverhandlung die zentrale Rolle.

Pikanterweise nützte diese Entscheidung, die ein Geschäftsführergremium der Firma am 6. September 2000 fällte, den Anlegern des „Gardelegen-Fonds“, auch als „Prominentenfonds“ bekannt. Der geschlossene Immobilienfonds, mit dem ein Geschäftszentrum in Bad Freienwalde/Gardelegen finanziert wurde, war zuvor in Schwierigkeiten geraten, weil Hauptmieter Konkurs angemeldet hatten. Für die Anleger brachte und bringt der Fonds, so lange er läuft, vor allem hohe Steuervorteile; Garantien wie bei anderen Bankgesellschaftsfonds bot er nicht.

Das Gremium musste also entscheiden: Lässt es den Fonds platzen, oder steckt es noch einmal rund fünf Millionen D-Mark zu Gunsten der Anleger in den Fonds? Das Gremium entschied sich für die rechtlich nicht zwingende Stützungsaktion. Das Argument dafür: Es sollte ein Imageschaden abgewendet werden, um den geplanten Börsengang der Firma nicht zu gefährden und weitere Fonds auflegen zu können. M. vor Gericht: Er habe zum damaligen Zeitpunkt keinen Grund gehabt, an diesen Argumenten zu zweifeln. Im Übrigen sei er mit dem Fonds weder vor noch nach der Sitzung beschäftigt gewesen.

Jeder Fall müsse individuell behandelt werden, betonte Arbeitsrichter Gerhard Binkert. „Aber es kann nicht sein, dass sich einer hinter dem anderen versteckt.“ Es gebe eine Verantwortung, auch Politiker oder Fußballtrainer müssten die Konsequenzen von Fehlentscheidungen tragen, auch wenn sie nicht die alleinige Verantwortung trügen.

Arbeitsrechtlich stellt sich nun die Frage: Liegt im Fall der damaligen Entscheidung eine Pflichtverletzung des – sehr gut verdienenden – Arbeitnehmers vor, die den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt? Oder handelte er zum damaligen Zeitpunkt nach bestem Wissen und Gewissen, indem er eine vertretbare Entscheidung mittrug?

Das Gericht kam gestern zu keiner abschließenden Beurteilung. Man will ein Gutachten abwarten, das die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) seinerzeit in Auftrag gegeben hat. Der Prozess wird am 4. März fortgesetzt – wenn es bis dahin nicht zu einem außergerichtlichen Vergleich kommt. Am Ende könnte es also auch so ausgehen: Berlin zahlt, und der Manager bekommt eine saftige Abfindung – für den Fall einer unwirksamen Kündigung oder eines Vergleichs. Nebenbei bemerkt: Das ist der Unterschied zwischen einem Bauarbeiter und einem Immobilienmanager.