Nette Zahnärzte müssen trotzdem kassieren

Zwei Zahnärzte erließen Patienten die Praxisgebühr – doch die Kammer verfügte, dass sie den Obolus erheben müssen

BERLIN taz ■ Wirklich gerne kommt niemand zum Zahnarzt. Den Patienten zweier Zahnärzte in Köln und Essen wurde der schwere Gang in den letzten Tagen aber erleichtert: Sie haben 10 Euro gespart, weil sie die Praxisgebühr nicht zahlen mussten. Der Kölner Dentist Michael Urban und sein Kollege Hans-Joachim Buschmann haben sich der Gebühr aber nicht vollkommen verweigert – sie wollten diese aus der eigenen Tasche bezahlen.

Doch lange hat der Widerstand der Rebellen mit dem Bohrer nicht gewährt. Gestern musste Urban zerknirscht verkünden: „Ich muss die Praxisgebühr erheben, es geht nicht anders.“ Auch Buschmann hat nachgegeben.

„Es ging mir um die Gleichbehandlung von Versicherten“, erregt sich Urban. „Die Patienten der Bundesknappschaft müssen die Gebühr nicht zahlen.“ Zu ihm kommen viele Rentner. „Wenn die Oma mit 340 Euro Rente kommt, möchte ich ihr nicht die letzten 10 Euro aus der Tasche ziehen.“ Hinzu kommen Verwaltungskosten: Arbeitszeit, Anschaffung eines Kreditkartenlesers, Umstrukturierungen … „Da wäre kaum noch etwas übrig geblieben“, sagt Urban.

Jetzt müssen die beiden Zahnärzte die Praxisgebühr doch von den Patienten verlangen. Grund ist ein Schreiben von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein (KZV). Das legt fest: „Der Vertragszahnarzt ist nicht berechtigt, auf die Zuzahlung zu verzichten oder einen anderen Betrag als 10 Euro zu erheben.“

Glücklich ist man auch bei der KZV nicht über die Praxisgebühr. „Wir halten sie eigentlich für unsinnig“, sagt KZV-Sprecher Uwe Neddermeyer. Den Ärger über die Gebühr versteht er, nicht aber, dass sich jemand weigert, sie zu erheben. „Es handelt sich um einen Spruch des Schiedsamtes, den müssen wir umsetzen.“ Ein Verzicht auf die Gebühr sei auch dann rechtswidrig, wenn ein Arzt die Kosten aus eigener Tasche bezahle.

Deshalb hatte die KZV den beiden Zahnärzten mit einem Disziplinarverfahren gedroht. Das bringt mindestens eine Geldbuße mit sich, die letzte Stufe ist ein zeitweiser Entzug der Zulassung. „Davon sind wir noch weit entfernt“, sagt Neddermeyer.

Diesen Ärger wollen sich Urban und Buschmann ersparen. „Ich finde es bedauerlich, weil wir ja niemandem schädigen, wenn wir die Gebühr nicht erheben“, sagte Urban. Vorwürfe, diese Aktion sei doch wohl eher ein Marketinggag gewesen, weist er zurück. „Ich habe damit keine Reklame gemacht, sondern einfach stillschweigend darauf verzichtet.“ Er wollte die Aktion als politisches Signal verstanden haben, an die, die darüber entscheiden. „Ich mache mir aber keine Hoffnung, dass es da ankommt.“

FLORIAN OEL