Ein emotionales Erlebnis

Hamburg will 2006 ein Auswanderungsmuseum unter dem Titel „BallinStadt“ eröffnen

Auswanderermuseum Bremerhaven: Ist das Projekt jetzt gestorben?

Albert Ballin hatte eine großartige Idee. Wie wäre es, dachte er sich als Vorstandvorsitzender der HAPAG Reederei in Hamburg, wenn wir für die Auswanderungswilligen eine eigene kleine Stadt bauen? Denn zu der Zeit, im ausgehenden 19. Jahrhundert, mussten die gut 5 Millionen Menschen mehrere Wochen warten, bis ihr Schiff abging. Währenddessen wuchsen die sozialen, hygienischen und gesundheitlichen Probleme. Außerdem, so war Ballins Gedankengang, bringt diese Stadt einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz vom Norddeutschen Lloyd in Bremerhaven, von wo aus ebenfalls Auswandererschiffe abfuhren.

Heute ist von diesem etwa 60.000 Quadratmeter großen Gelände nicht mehr viel übrig: Nur ein Wohngebäude hat die Zeiten des Aufschwungs und des Umbaus auf der Hamburger Veddel überlebt. Hier soll das Zentrum eines Auswanderermuseums entstehen, das den Arbeitstitel „BallinStadt“ trägt.

Das Haus soll restauriert und zum Teil original möbliert werden. In den so genannten Schlafboxen sollen dann exemplarische Familiengeschichten dargestellt werden. Dabei wird zum Teil auf bekannte Personen rekurriert: Sowohl Woody Allens als Micheal Douglas‘ und Steven Spielbergs Vorfahren sind vermutlich über Hamburg ausgewandert. Ergänzend werden ein historischer Speisesaal und der Turm des Musikpavillons rekonstruiert.

„Wir rechnen mit 200.000 Besuchern pro Jahr“, hofft Reinhard Wolf, der Vorsitzende der Stiftung Hamburg maritim, „davon sollen rund 120.000 ausländische Besucher, hauptsächlich aus Amerika sein, die sich bei uns über die Vergangenheit ihre Familie informieren wollen.“

Die Stiftung ist maßgeblich für die inhaltliche Konzeption verantwortlich. Finanziert wird das 7,5 Millionen Mark teure Projekt als Public-Private-Partnership zur Hälfte von der Stadt, die andere Hälfte soll von Sponsoren beigebracht werden. Drei aus Hamburg hat die Stiftung bereits akquiriert, weitere Geldgeber werden jetzt in den USA gesucht. „Wir wollen nicht weiter in Hamburg sammeln, im Gegenteil“, weiß Wolf um die geringen Etattöpfe im lokalen Kultursponsoring, „wenn wir größere Geldgeber in Amerika finden werden wir unsere hiesigen Partner bitten, ihr Engagement auf andere lokale Kulturprojekte umzuleiten.“ Man denke auch darüber nach, den Namen zu verkaufen: „Schließlich ist auch Herr Levi Strauß, dessen Jeans wir alle tragen, über Hamburg ausgewandert.“ Eröffnet werden soll das Museum im Frühjahr 2006.

Wolf kann sich auch vorstellen, mit einem ähnlichen Projekt in Bremerhaven zu kooperieren. Doch konnte er dort „in den letzten Jahren keinen Fortschritt feststellen“.

Was das internationale Marketing angeht, würde er gerne mit den dortigen Organisatoren zusammenarbeiten. Regional sehe man sich aber als Konkurrenz, „und da haben wir zwei enorme Vorteile: Wir verfügen über einen originalen Schauplatz und wir haben die originalen Schiffslisten im Staatsarchiv.“ Daher sei er „hamburgisch optimistisch, dass wir das emotionalere Erlebnis bieten werden“.

Eberhard Spohd