Sitzstreik in Teheran geht weiter

In Iran beenden Zugeständnisse den Protest reformorientierter Abgeordneter nicht

TEHERAN dpa/rtr ■ Die Streichung von 80 reformorientierten iranischen Abgeordneten von der Kandidatenliste für die Parlamentswahlen im Februar wird auf jeden Fall rückgängig gemacht. Dies sagte der konservative Geistliche Ajatollah Emami Kaschani gestern in Teheran. Eine entsprechende Anweisung des obersten Führers Ajatollah Ali Chamenei an den konservativen Wächterrat, der sie von der Wahl ausgeschlossen hatte, werde befolgt.

Die Parlamentarier setzten dennoch ihren Sitzstreik fort, den sie aus Protest gegen den Ausschluss fünf Tage zuvor begonnen hatten. Er soll nach ihren Angaben vom Donnerstag so lange fortgesetzt werden, bis es einen Beleg dafür gebe, dass Chameneis Forderung auch umgesetzt werden und auch das Verbot für tausende andere Bewerber aufgehoben ist, bei den Wahlen zu kandidieren.

Der Wächterrat, ein von konservativen Geistlichen dominiertes Kontrollgremium des Parlaments, hatte über 3.500 der 8.200 Kandidaten die Qualifikation abgesprochen, Abgeordnete zu werden. Davon betroffen waren auch 80 der 290 Abgeordneten des jetzigen Parlaments.

„Wir wollen Garantien für eine freie Wahl mit allen jetzt ausgeschlossenen Kandidaten“, sagte Jamileh Kadiwar, einer der protestierenden Abgeordneten. Mehr als 100 Abgeordnete haben sich in den Vorräumen des Parlaments einquartiert. Der reformorientierte Präsident Mohammad Chatami hatte die Abgeordneten aufgefordert, den Protest zu beenden. Obwohl im derzeitigen Parlament die Reformer die Mehrheit haben, konnten sie in den vergangenen Jahren kaum Reformen gegen die konservativen Geistlichen durchsetzen. Dies ist auch ein Grund dafür, dass der Sitzstreik der Abgeordneten nur auf wenig Sympathie stößt.