Schweres Bekenntnis

Bei der Entscheidung über die Umwelthaftungsrichtlinie wird sich zeigen, wie ernst die EU-Regierungen ihre ökologische Verantwortung nehmen

aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER

„Der Verschmutzer zahlt“ lautet eins der Grundprinzipien in der EU-Umweltpolitik. In der Theorie. Wie die Praxis aussieht, lässt sich derzeit gut an den ölverschmierten Atlantikküsten studieren, wo die „Prestige“-Havarie eine ökologische Wüste hinterlassen hat – ohne dass die Reederei für den Schaden haftbar gemacht werden könnte.

Nach der Ölhaftungskonvention zahlt der Internationale Ölhaftungsfonds bis zu einer Höchstsumme von 180 Millionen US-Dollar. Damit werden hauptsächlich Fischer und Hoteliers an den Küsten für den Verdienstausfall entschädigt. Ökologische Sanierungsprogramme werden kaum unterstützt.

Die EU-Kommission hat einen Richtlinienvorschlag formuliert, der Umwelthaftung generell regeln soll. Außerdem plant sie ein Gesetzespaket zum Schutz des Ökosystems Meer und der marinen Artenvielfalt, für das sie bereits im Dezember Vorschläge vorgelegt hat. Über beides wird der Rat der Umweltminister heute in Brüssel beraten – über die Umwelthaftungsrichtlinie sogar in öffentlicher Sitzung.

Dann wird klar, wie ernst es die nationalen Regierungen mit ihrem Bekenntnis zur Umweltverantwortung meinen. Die amtierende griechische Ratspräsidentschaft eignet sich dabei nicht besonders gut als Motor. Denn die rostigen Tanker, deren Ölladungen die Ökosysteme bedrohen, fahren zwar meist unter panamaischer oder liberianischer Flagge. Sie gehören aber oft griechischen Reederfamilien, die sich vehement wehren, ihre Kosten durch bessere Sicherheitsstandards zu erhöhen.

Auch die deutsche Industrie wehrt sich gegen eine stärkere Umwelthaftung per EU-Gesetz. Umstritten ist, ob die Verursacher auch für die Ausrottung von Arten haften sollen und wie der damit verbundene Schaden zu bewertet ist. Ebenso, ob und wann der Staat für einen Teil der Risiken einzutreten hat. Schließlich herrscht Uneinigkeit, ob sich die Unternehmen zwangsweise versichern müssen.

Auch bei den genetisch veränderten Organismen (GVO) stehen heute Haftungsfragen auf der Tagesordnung. Die Kommission erklärt, ob sie demnächst neue Genprodukte zulassen und damit das De-facto-Moratorium aufheben wird. Der Entwurf soll am Mittwoch auch in der EU-Kommission diskutiert werden.

Die Umweltverbände haben bereits im Vorfeld Kritik geäußert. In dem Papier wird verlangt, dass die Produzenten selbst dafür sorgen, dass ihre jeweiligen Anbaugebiete nicht verunreinigt werden. Sie müssen ausreichende Pufferzonen vorsehen oder Schutznetze gegen fremde Pollen spannen. „Dieser Ansatz stellt das Verursacherprinzip auf den Kopf“, kritisiert die grüne EU-Parlamentarierin Hiltrud Breyer.

Nach Angaben von Greenpeace und dem Europäischen Umweltbüro könnten die Kosten im konventionellen Anbau bei Mais um 9 Prozent und bei Ölsaaten um 41 Prozent steigen, wenn die Erzeuger ihre Produkte selbst gegen GVO-Verunreinigungen schützen müssen.