seitenblicke auf den us-wahlkampf
: Bedeutsames Händeschütteln

Wilmington ist eine kleine Stadt im seit Monaten umkämpften Ohio. Wie in den meisten Städten Ohios, des von Republikanern traditionell beanspruchten, aber von Demokraten heiß begehrten Staates, haben sich beide Kandidaten, John McCain und Barack Obama, in den letzten Monaten hier gleich zweimal blicken lassen. Jeweils in kleiner Runde sprachen sie mit Bürgern Wilmingtons. Oft ist das Erste, was man zu hören bekommt, wenn man fragt, wie es war: „Sein Händedruck war warm und fest“, erzählt Marla Stewart, die Besitzerin des einzigen Buchladens in Wilmington. Sie ist aktiv in einer Bürgervereinigung zur wirtschaftlichen Rettung der von Arbeitslosigkeit bedrohten Stadt.

„Er schaut dich an und hält den Blick ruhig auf dich und schaut dabei so, als ob er abwartet, was du zu sagen hast“, erzählt die ehemalige Lehrerin. Stewart ist Demokratin, daher ist es nicht überraschend, dass ihr Obama imponiert hat. Steve Dahlberg ist Republikaner und ebenfalls Mitglied der Bürgerinitiative. Als er John McCain im Juni auf Einladung treffen durfte, war er zunächst euphorisch. Dann verwundert. Das Treffen fand im lokalen College statt, in einem Raum, dessen Fenster am helllichten Tag mit Papier zugeklebt worden waren und in dem zahlreiche Sicherheitsbeamte herumstanden. McCain schüttelte Hände – aber nur die der beiden Sprecher der Initiative und der anderen Honoratioren.

„Er schien uns zu sehen, aber hatte wohl nicht vor, herumzugehen und uns alle zu begrüßen“, sagt der Mitarbeiter eines Buchhalterbüros. „Irgendwie kam es mir gar nicht persönlich vor“, meint Dahlberg. Als er einen Monat später beim Treffen mit Obama dabei war, beeindruckte ihn die Aufmerksamkeit, mit der Obama zuhörte. Natürlich seien seine Mitarbeiter und Sicherheitsbeamten dabei gewesen – aber Obama „gab uns das Gefühl, dass wir die Experten sind“. Er stellte präzise Fragen und verstand, um was es geht.

Und dann kam noch Ralph Nader in Wilmington vorbei. Nader, der von Demokraten wegen der hauchdünnen Wahlniederlage im Jahr 2000 mittlerweile gehasste Präsidentschaftskandidat der Grünen, kandidiert diesmal als Unabhängiger. „Er war eigentlich der Beste“, sagt Stewart. Dahlberg stimmt ihr zu. „Er kam rein, schüttelte uns freundlich, energisch die Hände, und der Rest war wie ein tolles Businessmeeting“, sagen sie. Am Ende hatten sie Telefonnummern von mehreren ehrenamtlich arbeitenden Rechtsanwälten und Organisationen, die ihnen helfen könnten. „Er war freundlich, brillant, praktisch. Schade, dass man ihn nicht ernsthaft wählen kann.“

ADRIENNE WOLTERSDORF