Knallharte Milliardärin in Blümchenschürze

Fernsehköchin und Unternehmerin Martha Stewart steht wegen Betrugs vor Gericht. Millionen von Fans stehen ihr bei

Auf ihrer Website beteuert Amerikas berühmteste Hausfrau ihre Unschuld. In stilvoller, mattgrüner Schrift. Ungefähr 16 Millionen Amerikaner klickten sich in den letzten acht Monaten bei marthatalks.com ein. Etwa 80.000 schrieben ihr. Fans wie Christy Friesen, die fest an die Unschuld der Haushaltskönigin glaubt und mit der Oma für ihren Freispruch betet.

Die Unterstützung kann Martha Stewart gut gebrauchen. Denn am Dienstag kommt es in Manhattan zum Prozess gegen die 62-jährige Milliardärin mit dem blonden Wuschelkopf. Die Anklage: Sie soll den Staatsanwalt und die Investoren wegen des Verkaufs eines zweifelhaften Aktienpakets belogen haben. Sollte Stewart für schuldig befunden werden, müsste sie mit einer mehrjährigen Gefängnisstrafe und einem Bußgeld in Millionenhöhe rechnen.

Für die knallharte Unternehmerin steht noch mehr auf dem Spiel. Bei einem Schuldspruch könnten sich große Handelsketten wie Kmart weigern, Stewarts Töpfe und Bettlaken zu verkaufen. Enttäuschte Fans würden ihre Ratschläge nicht mehr befolgen. Das wäre das Ende ihrer Firma. Stewart hat bereits Aktien und Umsatzverluste von mehr als 300 Millionen Dollar erlitten.

Martha Fans glauben jedoch an ihre Unschuld. Demonstranten wollen in Schürzen mit der Aufschrift „Rettet Martha“ vor dem Gerichtsgebäude für ihre Heldin kämpfen. Doch so leicht lässt sich der Staatsanwalt bestimmt nicht einschüchtern. Für ihn ist die Sache klar: Vor zwei Jahren hat Stewart 4.000 Aktien der Bio-Tech Firma Imclone verkauft. Am nächsten Tag sackte die Aktie der Firma ab, weil ihr Krebsmittel Erbitux nicht von der Arzneimittelbehörde zugelassen wurde. Der damalige Imclone-Chef Sam Waksal soll Stewart frühzeitig informiert haben. Er sitzt seit Juni wegen Insider-Handels hinter Gittern.

Ein schlimmer Vorwurf. Doch Stewart pocht auf ihre Unschuld. Auf die Verhandlung, die ungefähr einen Monat dauern soll, bereitet sie sich mit der gleichen Hingabe vor, mit der sie Bastelanleitungen ausprobiert. Sie ist eine Kämpfernatur.

Wie viele ihrer Fans stammt Stewart aus armen Verhältnissen. Ein Studium in New York hat sie sich durch ein Stipendium und mit der Arbeit als Fotomodell finanziert. Als sie vor fast 30 Jahren aufs Land nach Connecticut zog und ein Catering-Geschäft im Keller ihrer Farm eröffnete, machte sie schnell Karriere – und nach zehn Jahren bereits einen Umsatz von 10 Millionen Dollar. Ihr erstes Buch mit dem Titel „Entertaining“ war ein Hit. Schon seit Jahren hat sie eine eigene Fernsehshow. Millionen Amerikaner schauen ihr gebannt zu, wenn sie einen bunten Salat zusammenmischt und Truthahn brutzelt. Als ihre Firma vor fünf Jahren an die Börse ging, wurde die perfekte Hausfrau zur Milliardärin. Inzwischen ist sie so berühmt, dass Juroren, die ihre Produkte gekauft und nach ihren Rezepten gekocht haben, wieder nach Hause gehen durften. Sie könnten ja befangen sein. HEIKE WIPPERFÜRTH