Geldregen soll Gewalt in Burundi löschen

Geberkonferenz für das Bürgerkriegsland brachte Hilfszusagen in Höhe des burundischen Bruttoinlandsprodukts

BRÜSSEL taz ■ Bei Geberzusagen an afrikanische Bürgerkriegsländer ist die Inflationsrate hoch. Nach 4 Milliarden Dollar für die Demokratische Republik Kongo im Dezember haben letzte Woche internationale Geber Burundi 1,032 Milliarden Dollar versprochen. Das entspricht ungefähr dem jährlichen burundischen Bruttoinlandsprodukt. Bei drei Burundi-Geberkonferenzen 2000, 2001 und 2002 waren bereits jeweils zwischen 600 und 850 Millionen Dollar zugesagt worden. Burundi selbst hat von alldem noch fast nichts gesehen, denn es herrschte weiter Krieg.

Seit der Mehrheitsflügel der wichtigsten burundischen Rebellenbewegung FDD (Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) im vergangenen November in Burundis Übergangsregierung eintrat, besteht eine reelle Hoffnung auf das Ende eines Krieges, der in zehn Jahren über 300.000 Tote gefordert hat. Sukzessive schließen sich die Hutu-Rebellen dem im Jahr 2000 vereinbarten Friedensprozess an, der im November 2001 mit dem Amtsantritt einer Allparteienregierung begann. In diesem Rahmen übernahm Ende April 2003 der Hutu-Politiker Domitien Ndayizeye das höchste Staatsamt.

Ndayizeye legte der vom UN-Entwicklungsprogramm UNDP und der belgischen Regierung organisierten Geberkonferenz in Brüssel ein umfangreiches Wiederaufbauprogramm vor. 442 Millionen Dollar Budget- und Zahlungsbilanzhilfe über den Zeitraum 2003–06 sollen einen Schuldenerlass ermöglichen. Darüber befindet am 22. Januar der Internationale Währungsfonds. 70 Millionen Dollar forderte Burundis Präsident für „gute Regierungsführung“, womit im Wesentlichen die Finanzierung der für November geplanten Wahlen gemeint ist. Die Reform der Armee, die bisher Tutsi-kommandiert war und nun die Hutu-Rebellen aufnehmen soll, kostet 80 Millionen Dollar. 500 Millionen Dollar sind für die Rückführung und Wiederansiedlung der über 1,2 Millionen burundischen Binnenvertriebenen und Flüchtlinge veranschlagt.

Die Zusagen der Geber bleiben leicht hinter der Gesamtforderung zurück. Denn trotz Fortschritten im Friedensprozess stand auch diese Geberkonferenz unter dem Schatten von Gewalt. Am 29. Dezember wurde im Süden Burundis der päpstliche Nuntius Michael Courtney bei einem gezielten Überfall ermordet. Als Täter wurde Burundis letzte noch weiterkämpfende Hutu-Rebellengruppe FNL (Nationale Befreiungsfront) vermutet. Die hat dementiert, und auch eingesickerte ruandische Hutu-Milizen stehen nun im Verdacht. Ndayizeye traf am Wochenende in Amsterdam erstmals mit FNL-Vertretern zusammen.

Um nicht nur auf den Frieden zu warten, sondern auch etwas dafür zu tun, will nun die EU die in Burundi stationierte afrikanische Friedenstruppe aus Südafrika, Mosambik und Äthiopien mit 25 Millionen Dollar finanzieren. Die Truppe überwacht die geplante Demobilisierung der Rebellen – Voraussetzung für den Rest des Friedensprozesses.

„Viel ist getan worden, aber es bleibt noch viel zu tun“, fasste ein Weltbankvertreter in Brüssel die Stimmung zusammen. Gerade die Demobilisierung ist nämlich ein Schlüsselproblem: Es ist nicht klar, wie viele Hutu-Rebellen eigentlich in die Armee aufgenommen werden sollen. Die Regierung spricht von 20.000, die FDD von 40.000, andere Stellen von 35.000. Derzeit zählt die Armee 45.000 Mann, und so wird sie je nach Zählweise hinterher 65.000 bis 85.000 Soldaten umfassen. Vorgesehen ist jedoch für die künftige Armee eine Truppenstärke von 25.000. So ist eine massive Demobilisierung notwendig, doch die Kapazitäten reichen nur für die Demobilisierung von 10.000 bis 14.000 Soldaten pro Jahr, hieß es in Brüssel. Und falls die FNL sich dem Frieden anschließt, müssen auch ihre Kämpfer – 2.000 laut Regierung, mehr laut FNL – einen Platz in der neuen Armee finden.

Kritisch wurde am Rande der Konferenz angemerkt, dass die FDD-Rebellen trotz ihres Eintritts in den Friedensprozess massive Rekrutierungen vorgenommen hätten, um mehr ihrer Anhänger eine lukrative Demobilisierung zu ermöglichen. Das Thema dürfte noch zu harten Verhandlungen zwischen Regierung und Gebern Anlass geben. Und zwar gerade dann, wenn die heute gemeinsam regierenden Parteien, die sich gestern noch bekriegten, morgen gegeneinander in den Wahlkampf ziehen.

FRANÇOIS MISSER