Minimalistischer Ansatz

Der Browser Opera ist auch in seiner neuen Version 7 noch immer eine Alternative zum Marktführer Internet Explorer von Microsoft: Er ist kleiner, schneller und viel besser an die Benutzer angepasst

von DIETMAR KAMMERER

Nur Hacker lieben schwarze Bildschirme mit kryptischen Zeichen, für alle anderen ist das Internet das, was der Browser zeigt. Das Programm zur Darstellung von Daten, die mit dem Hypertext Transfer Protokoll (http) übertragen werden, muss heute nicht nur, wie noch sein Urvater Mosaic, in Seiten „blättern“ können, die in der Hypertext Markup Language kodiert sind. Es organisiert – etwa mit Favoriten oder Lesezeichen – das gesamte Verhalten seiner Benutzer im virtuellen Raum. Die Installation dieser Schlüsselsoftware ist daher weit mehr als nur eine ästhetische Frage. Jeder Zugriff aufs Netz ist auch ein Zugriff des Netzes auf den eigenen Computer. Und angesichts der stets wachsenden Liste von Sicherheitslücken des Internet Explorers von Microsoft sollte man sich gut überlegen, mit wem man auf die Reise geht.

1994 kamen die Norweger Jon von Tetzchner und Geir Ivarsoey auf die Idee, einen Browser zu entwickeln, der sich vor allem durch Sparsamkeit auszeichnen sollte: so wenige Programmzeilen wie nötig, ein so geringer Verbrauch von Systemressourcen wie nur möglich. Durch den Verzicht auf überflüssige Funktionen sollte das Programm die damals noch geringen Rechenleistungen der Prozessoren und den arg begrenzten Arbeitsspeicher der PCs möglichst wenig belasten – und zu einem schnelleren Aufbau der Seiten führen.

Dem minimalistischen Ansatz zum Trotz nannten sie ihr Programm Opera. Der Name sollte weniger an bombastischen Prunk denken lassen, so meinten sie, als vielmehr an das Höchstmaß an Komposition, Koordination und Arbeitseinsatz, das in die Programmierung geflossen war. Rückblickend möchte man meinen, dass sie dennoch die Entwicklung des Internets zu einem multimedialen, Daten fressenden Gesamtkunstwerk, das nicht nur Texte, sondern auch Töne und bewegte Bilder umfasst, gut vorausgeahnt hatten.

Die erste Version dieser „Hochleistungsoper“ passte mit ihren mageren 1,2 Megabyte noch locker auf eine Diskette. Diese Zeiten sind vorbei, aber Diskettenlaufwerke hat ja auch kaum noch jemand. Die jüngst veröffentlichte Version 7 von Opera bringt es immer noch auf superschlanke 3,2 MB (12,6 MB mit Java-Unterstützung). Zum Vergleich: Der Download von Netscape 7 ist 30 MB schwer, die Installation des Internet Explorer 6 frisst je nach Umfang zwischen 40 und 60 MB auf der Festplatte. Opera widerlegt die Legende, dass der Zugang zum Internet nur von Hochleistungsrechnern mit Gigahertzleistung zu bewältigen sei.

Prinzip Sparsamkeit

Und der Spaß wird dadurch nicht eingeschränkt. Für die Version 7 haben die norwegischen Programmierer den Kode komplett neu geschrieben, von der Rendering-Engine zur Darstellung von Websites bis zum E-Mail- und News-Client. Geblieben sind die zahlreichen Funktionen, um die andere Browser Opera schon immer nur beneiden konnten. Das Prinzip Sparsamkeit zeigt sich bereits beim Darstellen mehrerer Webseiten. Anstatt jedesmal das Programm neu aufzurufen – wie es etwa Microsofts Internet Explorer macht – wird im Multiple-Document-Modus lediglich ein neues Fenster geöffnet. Das spart Prozessorleistung und belastet den Rechner viel weniger. Der Konkurrent Netscape hat dieses Prinzip inzwischen übernommen. Wer sich die Seiten noch schneller anzeigen lassen will, kann durch einfachen Tastendruck das Laden von Grafiken unterbinden, dann erscheint anstelle des Bildes nur ein einfaches Rechteck. Auch nervende Pop-up-Fenster gehören der Vergangenheit an: Opera bietet an, sie wahlweise normal, nur im Hintergrund oder gar nicht zu öffnen. Als einziger Browser kann Opera Webseiten beliebig vergrößert oder verkleinert ausgeben. Und ebenfalls anders als alle Konkurrenten kann der norwegische Browser in der Fullscreen-Anzeige vollständig im Hintergrund verschwinden: ohne Buttons, ohne Windows-Fensterleiste. So kann der Browser offline sogar als Multimediapräsentationsprogramm genutzt werden – etwa statt Microsofts Power Point.

Auch in anderer Hinsicht braucht sich das Design von Opera nicht zu verstecken. Unter www.myopera.com kann man individuell gestaltete Skins herunterladen, die die Programmoberfläche mal verspielt, mal futuristisch, mal nostalgisch aussehen lassen. Verschiedene Suchfunktionen sind bereits integriert. Über eine eigene Leiste können Anfragen direkt an Suchmaschinen wie Google oder den Internetbuchhändler Amazon geschickt werden. Wer will, kann über ein kleines Zusatzprogramm (www.opera-fansite.de/download/op6sed) die Suchleiste sogar nach Belieben selbst editieren. Eine Erfindung der Opera-Entwickler sind auch die Mouse Gestures, durch die die Navigation noch einfacher wird. Ein Klick etwa auf die linke Maustaste, bei gedrückter rechter, geht in der History einen Schritt zurück. Der Doppelklick auf ein Wort im dargestellten Text erlaubt, den Begriff an eine Suchmaschine zu schicken oder gleich an ein Übersetzungsprogramm.

Bei so vielen Vorzügen hat Opera es geschafft, immerhin auf Platz drei der am meisten verwendeten Browser zu kommen. Das heißt jedoch nur, einen Anteil von etwa einem Prozent ergattert zu haben. Denn der Platzhirsch Internet Explorer hat dank der Monopolstellung des Betriebssystems Windows seinen Anteil auf über 95 Prozent anwachsen lassen, der ehemalige Spitzenreiter Netscape dümpelt, bei schwindendem Marktanteil, im einstelligen Bereich vor sich hin. Dass Opera noch immer kostenpflichtig ist, mag seiner Verbreitung zudem hinderlich sein.

Dennoch ärgerten sich die Chefs von Microsoft so über die Norweger, dass sie zu einer Sabotageaktion griffen. Im Oktober 2001 war plötzlich der Zugriff auf www.msn.com für Opera gesperrt. Dann wurde bekannt, dass das MSN-Portal so programmiert worden war, dass es der norwegische Browser nur verzerrt darstellen konnte. Ein eigens für Opera geschriebenes, fehlerhaftes Stylesheet machte einen korrekten Seitenaufbau unmöglich.

Die Entwickler von Opera befürchteten, dass die User den Fehler ihrem Programm anlasten könnten statt den unfairen Praktiken des Softwaregiganten. Man beschwerte sich nicht nur (und Microsoft hat den Fehler inzwischen korrigiert, allerdings nur für die Opera-Versionen 7.x), sondern beschloss, es mit gleicher Münze heimzuzahlen. Die Bork-Edition des Opera-Browsers übersetzt den Inhalt der MSN-Homepage in den pseudo-schwedischen Dialekt des Fernsehkochs der „Muppet-Show“: „Smörrebröd, smörrebröd, römtömtömtöm.“

dietmar.kammerer@web.de