Fünf Prozent bitte

Die Partei DIE FRAUEN hat sich in Bremen soeben neu gegründet – sogleich wollen die Feministinnen in die Bürgerschaft einziehen

Erika Riemer-Noltenius träumt vom Plenarsaal. Nach den Bürgerschaftswahlen im Mai will die studierte Politologin und Gründerin des vor zwei Jahren pleite gegangenen Beginenhofs als Abgeordnete der feministischen Partei DIE FRAUEN im Bremischen Landesparlament Platz nehmen – mitten in einer Fraktion feministischer Mitstreiterinnen.

Anfang Februar haben DIE FRAUEN sich konstituiert – 16 Feministinnen gründeten einen Landesverband (auf Bundesebene gibt es die Partei seit 1995) und wählten einen Vorstand, der sich Landessprecherinnenrunde nennt. Neun der Mitgründerinnen erklärten sich prompt dazu bereit, sich auf die Liste für die Bürgerschaftswahl setzen zu lassen. „Unsere Kandidatinnen decken ein breites Frauenspektrum ab“, verkündet Riemer-Noltenius stolz, frau habe eine Migrantin auf der Liste, eine Gewerkschafterin, eine Rollstuhlfahrerin, eine allein erziehende Mutter sowie „bürgerliche Feministinnen“, zu denen sich die Parteigründerin selber zählt.

Das Wahlziel der Frauenpartei nimmt sich nicht gerade bescheiden aus: Fünf Prozent dürften’s schon sein. Hintergedanke von Riemer-Noltenius und ihren Mitstreiterinnen: Da viele BremerInnen am Wahlsonntag sowieso davon ausgingen, dass eine Neuauflage der großen Koalition beschlossene Sache sei, wären sie versucht sich den Urnengang zu schenken. Die Stimmen solcher verdrossenen Nichtwähler in spe wollen DIE FRAUEN gerne abgreifen.

Auf ihrer „Wahlplattform“ definieren sich DIE FRAUEN als Partei, „die Interessen von Frauen in den Mittelpunkt ihrer Politik rückt“. Bremen sei „immer noch eine Stadt mit unverändert patriarchaler Tradition“. Mit Schaffermahl, Eiswette oder Handelskammer halte sich die Hansestadt Institutionen, in denen Frauen – wenn überhaupt – „nur Alibi-Funktion“ hätten. „Was gut ist für Frauen, ist für alle gut“, lautet das Credo der Partei, die sich für die Bremen-Wahl drei Schwerpunkte auf die Fahnen geschrieben hat: „Mehr Chancengleichheit“ soll herrschen in der Stadt, „mehr Lebensqualität“ und natürlich – das liest sich immer gut – „mehr Demokratie“.

Außerdem wolle ihre Partei „alle Forderungen von attac übernehmen“, sagt Riemer-Noltenius und plädiert vehement für eine „zinsfreie Wirtschaftsordnung“. Noch im März wolle sie ein „Frauennetzwerk attac“ gründen, unabhängig von der Partei. In Bremen sprechen sich DIE FRAUEN unter anderem gegen „die Zerstörung der letzten Flächen um Bremen herum“ aus, gegen „eine Autobahn durch Schwachhausen“ – und für freien Eintritt für Kinder unter 14 Jahren in alle öffentlichen Badeanstalten.

„Hier in Bremen passieren solche Dinge, da bin ich so erschüttert, dass mir einfach die Worte fehlen“, klagt Renate Sasstedt, „Kauffrau im Außendienst“ und ebenfalls Kandidatin für die Bürgerschaft – als Beispiel nennt sie „diesen Park neben dem Pier 2“, also den Space Park. Die Bremische Politik entscheide „nur noch für Leute mit Geldbeutel“. Ihr Ziel sei es vor allem, „junge Frauen zur politischen Denke zu bringen“, sagt Sasstedt.

Erika Riemer-Noltenius hat 1995 schon einmal für die Bürgerschaft kandidiert, damals noch mit der Wählerinnengemeinschaft „Bremer Frauen Liste“. Ihre damals noch fundamentalen Bedenken gegen eine Partei – zu hierarchisch, Dominanz des Patriarchats – hat sie inzwischen ad acta gelegt. Und einige der 400 Unterschriften, die DIE FRAUEN jetzt sammeln müssen, um zur Bürgerschaftswahl zugelassen zu werden, dürfen gerne auch von Männern stammen. Das Haupthandicap, das Riemer-Noltenius für die neue Partei sieht, liegt sowieso bei ihrem eigenen Geschlecht: Eitelkeiten und Empfindlichkeiten seien halt besonders unter Frauen weit verbreitet: „Frauen trauen Frauen einfach nichts zu.“

Markus Jox