zugeschaut
: Fragmente zeitgemäßer Kommunikationsfehlschläge

Nach siebzig Minuten ist der Spuk vorbei. Siebzig oft vielschichtige Minuten: mit brachialem Sound, mit leisem Basswummern, mit Mut zur Pause. Anja Kolacek, 35 Jahre alt und neue leitende Choreografin der Jugendabteilung des Kölner Schauspiels, der „Absolute Beginner Company“, hat ihre erste starke Arbeitsprobe abgeliefert: „The person you called is temporarily not available“. Mit dem Stück scheint der Übergang geglückt vom früheren, sehr erfolgreichen „Jugendclub“ der Bühnen unter Regisseur Alexander Brill zum von Intendant Marc Günther angestrebten Tanz- und Performance-lastigeren Konzept.

Kolacek und ihre zwölf Darsteller, alle zwischen 16 und 27 Jahren und noch in der Ausbildung, thematisieren die im titelgebenden Voicebox-Spruch angedeutete Enttäuschung des Wahns ständiger Verfüg- und Erreichbarkeit. Sie machen das mit choreografierten Bildern und Szenen über Zustände der Einsamkeit, der Isolation, der fehlgeschlagenen Kommunikationsversuche im Zeitalter digitaler Rasanz und vermeintlicher Dauernähe zum Anderen. Eher fragmentarisch fügt sich im Kopf des Zuschauers der Tanz zusammen.

Auf der Bühne liegen sechs lange Stege. Zum geräuschflächigen Sound (Max Bender, Andrew Kell) schälen sich sechs Paare langsam aus dem Dunkel und bewegen sich über die Stege auf das Publikum zu. Eine Kakofonie von Stimmen flüstert: „Was willst du von mir?“, „Hör mir ein Mal zu!“, „Du musst aufwachen!“

Ein gewagter Auftakt in Cinemascope: Aber das junge Ensemble zeigt beachtliche Disziplin, schafft es meist, den Figuren Glaubwürdigkeit zu verleihen. Nur dann nicht, wenn einer allein auf dieser Riesenbühne Worte und Phrasen stammelt von Kindheit, Eltern, Geborgenheit und Angst: zu beladen die Begriffe, als dass sie ohne Kontext so schnell glaubhaft werden könnten. Da zeigt sich auch Kolaceks Problem, die riesenhafte Bühne der Halle Kalk ausreichend zu füllen. Vor allem ein immer wieder beanspruchterBrachialbeat muss einiges zufönen.

Aber das bleiben Einzelelemente in einem insgesamt eindrucksvollen Abend, an dem sowohl Kolaceks Mut zu stillen Szenen als auch die zahlreichen Paar- und Einzelchoreografienstark für ihre Sache einnehmen.

Alexander Haas

Weitere Termine: 23., 24., 27., 29.-31. Januar, 19.30 Uhr, Halle Kalk, Tel. 0221 / 284 00