Der ewige Traum vom warmen Geldregen

FU-Präsident Dieter Lenzen kämpft für seine Universität, indem er eine bundesweite Geldspritze von 110 Milliarden Euro für alle Hochschulen fordert. Gleichzeitig akzeptiert der Akademische Senat die Kürzungen des rot-roten Senats

Dieter Lenzen hat Angst. Und er kämpft. Um Geld, um Ansehen für seine Hochschule. Kaum ein Tag vergeht, an dem der Präsident der Freien Universität (FU) nicht seine Meinung in der Debatte um Eliteunis kundtut. Die Hauptstadt zum Kompetenzzentrum machen, lautet sein Gegenrezept zu einer herausgehobenen, zur Eliteschmiede umfunktionierten Humboldt-Uni.

Gestern stellte er zusammen mit dem Präsidenten der Leibniz Gemeinschaft, Hans-Olaf Henkel, ein Sofortprogramm für die deutschen Hochschulen vor. 10 Milliarden Euro fordert das Duo in diesem Programm für Deutschlands Hochschulen – für neue Professoren, mehr Mitarbeiter, die technische Ausstattung, ausländische Dozenten und Studenten sowie für den Ausbau von Forschungseinrichtungen.

Und, was erwartbar ist, das Geld soll nach Ansicht Lenzens dorthin gehen, „wo bereits potente Universitäten und Hochschulen existieren. „Das müssen Einrichtungen sein, die einem sofort ins Auge fallen“, sagt er. Eine solche ist für ihn natürlich die FU.

Berlin hält Lenzen als Spitzenforschungsstandort für besonders geeignet, weil hier durch die „Erprobungsklausel“ bereits ein Teil der Unibürokratie abgebaut werden konnte. Dadurch könne die Uni autonomer agieren – und das sei schließlich eine zentrale Forderung auf dem Weg zu neuer Spitzenforschung, argumentiert er. Der warme Geldregen vom Bund soll es also auch für die FU richten, denn mit dem rot-roten Senat ist Lenzen fertig: „Das Land Berlin ist leider nicht dazu zu bewegen, den negativen Trend bei der Hochschulfinanzierung umzukehren.“

Jenseits von Träumen von Bundesgeld musste sich der Akademische Senat der FU mit dem harten Brot der Kürzungen auf Landesebene beschäftigen: Er akzeptierte die von Wissenschaftssenator Thomas Flierl anvisierten Einsparungen von 32 Millionen Euro bis 2009.

Das Gremium, das über inneruniversitäre Angelegenheiten entscheidet, hat in seiner gestrigen Sitzung die so genannte Giftliste Dieter Lenzens beschlossen, in der festgelegt wird, was an der Uni künftig wegfällt. Wochenlange Proteste von Studenten konnten nicht verhindern, dass in den nächsten fünf Jahren ein Fünftel der Professorenstellen ausläuft.

Die Studenten erschienen zwar als hundertköpfiger Trupp vor dem Versammlungsort Wilmersdorfer Rathaus mit dem Ziel, die Sitzung zu sprengen. Doch wurden sie dort von einem Polizeiaufgebot gestoppt.

Am kommenden Mittwoch tagt auch der Akademische Senat der Technischen Universität. Dann wird TU-Präsident Kurt Kutzler schließlich ebenfalls mit einem Strukturplan herausrücken, der offen legt, wen sich die TU wo sparen will. Kutzler, der sich lange Zeit geweigert hatte die Sparauflagen zu akzeptieren, verkündet nun, die Uni „unter eingeschränkten finanziellen Bedingungen neu positionieren“ zu wollen.

An der künftigen Eliteschmiede HU hat sich das Konzil gestern noch einmal aufgebäumt und verabschiedete einen Antrag, der den Präsidenten Jürgen Mlynek zu Neuverhandlungen mit dem Regierenden Bürgermeister auffordert. Mehr als eine vorsichtige Anfrage werde wohl kaum herauskommen, erklärten übereinstimmend die HU-Pressesprecherin sowie die Konzilsmitglieder Franziska Roy (Studentin) und Elmar Kulke (Professor). „Dieser Antrag ist eher ein Zugeständnis an die Studenten, dass der Streik nicht umsonst war“, meinte Kulke.

Der Streik geht natürlich weiter. Den gestern im kleinen Kreis tagenden Vollversammlungen an TU und FU lagen keine anders lautenden Anträge vor.

ANNA LEHMANN
, FLORIAN OEL

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