Erster Test für Österreichs Regierung

Am Sonntag finden in Kärnten, dem Stammland von Jörg Haider, Gemeinderatswahlen statt. Nach dem Debakel bei den Parlamentswahlen erwarten Beobachter auch hier massive Verluste für die FPÖ. Das könnte zur ersten Regierungskrise führen

aus Wien RALF LEONHARD

Gemeinderatswahlen in Kärnten genießen normalerweise außerhalb des Bundeslandes nur geringe Aufmerksamkeit. Doch der morgige Urnengang wird als erster Stimmungstest nach der Neukonstituierung der ÖVP-FPÖ-Regierung gewertet. Mit starken Verlusten der FPÖ in Jörg Haiders Stammland wird gerechnet. Beobachter schließen nicht aus, daß sich daraus die erste Regierungskrise ergeben könnte.

Denn Landeshauptmann Haider hat Kanzler Schüssel, dem er die Verluste seiner Partei bei den Nationalratswahlen vom 24. November ankreidet, zu seinem Feind erkärt. Er betrachtet es als sein Privileg, auch das eigene Regierungsteam zu kritisieren und spielte zuletzt wieder öffentlich mit dem Gedanken, Kärnten nach dem Vorbild von Bayern als Freistaat zu konstituieren. Ungeachtet der Tatsache, dass er dazu kaum die erforderliche Verfassungsmehrheit bekäme.

Zwei nach der Vereidigung der Neuauflage der schwarz-blauen Regierung bundesweite Umfragen zeigen einen deutlichen Meinungsumschwung. Die SPÖ hat danach die ÖVP als stärkste Partei abgelöst, und die Grünen positionierten sich vor der FPÖ. Das Institut Sora gibt Rot-Grün eine Mehrheit von 59 Prozent.

In diesem Klima schreiten jetzt die Kärntner zu den Urnen. Bei den letzten Gemeinderatswahlen vor sechs Jahren konnte die FPÖ noch 16 Punkte zulegen und mit landesweit 26 Prozent oder 630 Gemeinderatsmandaten die ÖVP auf den dritten Platz verweisen (22,3 Prozent, 539 Mandate). Stärkste Partei sind die Sozialdemokraten, die zwar 14,3 Prozent verloren, aber mit 40,5 Prozent 72 von 132 Bürgermeistern stellen. Die ÖVP regiert 29, die FPÖ nur 17 Gemeinden, darunter die Bezirkshauptstadt Feldkirchen. Zwar haben Kommunalwahlen immer eine eigene Dynamik, doch wäre alles andere als eine empfindliche Schlappe der FPÖ eine große Überraschung. Erstmals macht sich auch die Slowenische Einheitsliste, die in 24 Gemeinden mit starken slowenischen Volksgruppen antritt, Hoffnungen auf zwei Bürgermeister, in den Gemeinden Globasbitz und Eisenkappl. Die Grünen schafften es erstmalig, in allen Bezirksstädten des für sie schwierigen Bundeslands zu kandidieren. Die KPÖ, gestärkt durch ihren Überraschungserfolg in der steirischen Hauptstadt Graz, treten nur in Klagenfurt und Villach an.

Jörg Haider ist zwar gebürtiger Oberösterreicher, doch hat er seinen Wohnsitz in Kärnten, seit er von einem Onkel das Bärental überschrieben bekam. Das an der slowenischen Grenze gelegene Waldgut, das sich der Onkel im Krieg kraft „Arisierung“ angeeignet hatte, machte den ehrgeizigen Politiker zu einem vermögenden Mann. In Kärnten, wo deutschnationale Brauchtumspflege identitätsstiftend ist, fühlte sich der Rechtspopulist schnell zu Hause und verstand es, die Frage der slowenischen Minderheitenrechte nach über 20 Jahren relativen Friedens wieder zum Politikum zu machen. Haiders Amtsperiode als Landeshauptmann läuft 2004 ab.