Blix-Bericht nicht kriegstauglich

UN-Chefinspektor lobt die verbesserte Kooperation der irakischen Regierung. IAEA-Direktor al-Baradei bezeichnet US-Dokumente als Fälschung

„Es wird einige Zeit brauchen, Anlagen und Objekte zu verifizieren“

aus Genf ANDREAS ZUMACH

In der Debatte des UN-Sicherheitsrats über den jüngsten Bericht der beiden UN-Chefinspektoren Hans Blix und Mohammed al-Baradei haben sich gestern die unveränderten Fronten zwischen den Befürworten und Gegnern eines baldigen Krieges gegen Irak gezeigt.

US-Außenminister Colin Powell sowie sein britischer Amtskollege Jack Straw erklärten, Bagdad begehe weiterhin schwerwiegende Verstöße gegen die UN-Resolution 1441 vom November letzten Jahres. Weitere Waffeninspektionen der UNO seien zwecklos. Der britische Außenminister Jack Straw legte dem Sicherheitsrat am Abend eine Ergänzung zu dem Entwurf der USA, Großbritanniens und Spaniens für eine Kriegsresolution vor. In diesem Zusatz wird Bagdad eine Frist bis lediglich zum 16. oder 17. März für die Erfüllung sämtlicher noch offener Abrüstungsauflagen gegeben. Washington und London dringen auf eine Abstimmung über die Resolution Anfang kommender Woche.

Die Außenminister Frankreichs, Russlands, Deutschlands und Chinas plädierten hingegen erneut für eine „friedliche Entwaffung“ Iraks durch die Intensivierung und Verlängerung des Inspektionsregimes. Für diesen Weg hatten die Chefinspektoren Blix und al-Baradei zuvor in ihren Berichten zahlreiche neue Argumente geliefert. Blix äußerte sich wie erwartet deutlich positiver als in seinen vier bisherigen Berichten (seit Dezember 2002) über denVerlauf der bisherigen Inspektionen sowie die Kooperations- und Abrüstungsbereitschaft Bagdads. Es habe „von irakischer Seite nach einer Zeit der zögerlichen Zusammenarbeit seit Ende Januar eine Beschleunigung von Initiativen gegeben“, erklärte Blix. Der Chefinspektor hob insbesonders die seit dem 1. März laufende Zerstörung der Raketen vom Typ al-Samud-2 hervor. Diese Zerstörung stelle „ein erhebliches Maß an Abrüstung dar“. Es handele sich „um den ersten substanziellen Abrüstungsschritt Iraks seit Mitte der 90er.Jahre“. Laut Blix wurden bis Freitag 34 der rund 120 al-Samud-Raketen zerstört, zwei Gefechtsköpfe, eine Abschussrampe sowie zwei Produktionsanlagen für Raketenbrennstoffe. Der Chefinspektor stellte darüber hinaus „bedeutende irakische Anstrengungen“ fest, „die Unsicherheit über die Menge von biologischen und chemischen Waffen aufzuklären, die vom Irak einseitig im Jahr 1991 zerstört wurden“.

Blix legte dem Sicherheitsrat eine detaillierte Liste mit 29 noch offenen Fragen vor. Zu jeder Frage ist genau beschrieben, was Bagdad zur Klärung dieser Angelegenheit noch zu leisten habe. Zur Frage, wie viel Zeit für eine „friedliche Entwaffngung“ Iraks noch erforderlich sei, erklärte Blix wörtlich: „Selbst mit einer weiter verbesserten irakischen Haltung, die durch andauernden äußeren Druck erreicht wird, würde es einige Zeit brauchen, Anlagen und Objekte zu verifizieren, Dokumente zu analysieren, wichtige Personen zu befragen und Schlussfolgerungen zu ziehen. Dafür wären nicht Jahre noch Wochen, sondern Monate erforderlich.“

Mohammed al-Baradei betonte, die Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) hätten „keine Hinweise gefunden auf eine Wiederaufnahme“ des Mitte der 90er-Jahre von den damaligen UN-Inspektoren zerstörten Atomwaffenprogramms. Ausdrücklich widersprach al-Baradei der Behauptung der USA und Großbritanniens, Irak habe seit 1998 versucht, im Niger atomwaffenfähiges Spaltmaterial zu erwerben. Die Dokumente, die Washington und London zum Beweis für diese Behauptung vorgelegt hatten, seien „eine Fälschung“, erklärte al-Baradei.